Eine Mitarbeiterin wurde mit der Begründung entlassen der Betrieb werde umstrukturiert – aber das traf gar nicht zu. Die Mitarbeiterin machte die Missbräuchlichkeit der Kündigung geltend. Dabei machte sie geltend, sie sei entlassen worden, weil ihr Ehemann einen Job in der gleichen Branche angetreten habe. Der Chef habe sie daraufhin vor die Wahl gestellt, zu kündigen oder sich scheiden zu lassen. Die Arbeitgeberin entgegnete, nicht die Ehe an sich, sondern der dadurch geschaffene Loyalitätskonflikt habe Anlass zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegeben.
Missbräuchliche Kündigungen
Kündigungen aufgrund einer Ehe können grundsätzlich gegen das Gleichstellungsgesetz verstossen oder missbräuchlich sein.
Gleichstellungsetz
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden, namentlich nicht unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft (Art. 3 Abs. 1 GlG). Das Verbot gilt insbesondere für die Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung.
Missbräuchlichkeit
Eine wegen der Ehe ausgesprochene Kündigung ist insbesondere missbräuchlich, da sie ausgesprochen wird wegen
- Einer persönlichen Eigenschaft der von der Kündigung betroffenen Partei, ohne Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis und ohne bedeutende Beeinträchtigung des Arbeitsklimas (Art. 336 Abs. 1 lit. a OR), z.B. aufgrund des Geschlechts, Alter, Krankheiten etc.
- Der Ausübung eines verfassungsmässigen Rechts der durch die Kündigung betroffenen Partei, ohne Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsvertrag und ohne bedeutende Beeinträchtigung des Arbeitsklimas (Art. 336 Abs. 1 lit. b OR), z.B. wegen Parteizugehörigkeit etc.
Rechtfertigung
Eine Entlassung lässt sich nur noch dann rechtfertigen, wenn zu befürchten ist, dass die Arbeitnehmerin ihrem Partner am Küchentisch Betriebsgeheimnisse verraten könnte. Das wurde angenommen bei einer Bankangestellten, deren Ehemann in einer gerade verbotenen sowjetischen Nachrichtenagentur tätig war, oder bei einer Sekretärin in einer pharmazeutischen Forschungsabteilung, deren Lebenspartner und früherer Vorgesetzter als Entwicklungsleiter zur Konkurrenz übertrat.
Entscheid des Kreisgerichts Rorschach
Das Kreisgericht Rorschach wies die Klage ab (nachdem es zunächst die Klage gutgeheissen hatte, der Entscheid aber vom Obergericht aufgehoben worden worden war):
Die Firma des Mannes als Lieferantin von Laborbedarf sei mit der Anbieterin von Labormedizin eng verflochten. Die eine Gesellschaft diene gewissermassen als «Türöffner» für die andere und biete etwa Rabatte an, wenn ein Arzt seine Laborproben an die Schwesterfirma einsende. Der Ehemann sei laut Arbeitsvertrag unter anderem für die Kundenakquisition zuständig und müsse daher «zwangsläufig» auch das labormedizinische Angebot anpreisen. Dabei sei es gewiss hilfreich, wenn er schon zum Voraus über die Bedürfnisse potenzieller Kunden Bescheid wisse. Die Klägerin beteure zwar, sie habe mit ihrem Mann nie über geschäftliche Dinge geredet. Es genüge aber schon das hohe Risiko einer Verletzung der vertraglichen Treuepflicht.
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Autor: Nicolas Facincani
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