Im Allgemeinen wird als Referenz verstanden, wenn ein ehemaliger Arbeitgeber gegenüber einem potentiellen Arbeitgeber Auskünfte über einen Bewerber erteilt. Referenzen erfüllen grundsätzlich den gleichen Zweck wie das Arbeitszeugnis. Die Referenz soll der Beurteilung der Bewerbenden dienen.
Die Referenz erteilen kann jedoch nur eine Person, welche die Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers, also des Klägers, aus eigener Wahrnehmung zu beurteilen vermag (Johannes Sokoll, Referenzen im Arbeitsrecht, Zürich/St. Gallen 2016, S. 15).
Umfang der Referenz
Thema der Referenz ist die Vertiefung des Arbeitszeugnisses (Sokoll, a.a.O., S. 13). Auch Referenzen müssen den Zeugnisgrundsätzen entsprechen und wahr und auf die Eignung des Arbeitnehmers beschränkt sein (vgl. Art. 328b OR). Der Arbeitgeber muss sich dabei auf die Hauptthemen, nämlich die Leistung des Arbeitnehmers und sein Verhalten während der Dauer des Arbeitsverhältnisses beschränken. Grundlage und Leitplanke für den Inhalt der Referenzauskunft bildet immer das ausgestellte Arbeitszeugnis (ZK-Staehelin, Art. 330a OR N 27; BSK OR-I-Portmann/Rudolph, Art. 330a N 11; Brühwiler, Einzelarbeitsvertrag, Kommentar zu den Art. 319-343 OR, 3. Aufl., Art. 330a N 10; Sokoll, a.a.O., S. 37, 40). Da Referenzen dazu dienen, das Arbeitszeugnis zu vertiefen, hat der Arbeitnehmer auch keine Auskünfte zu erwarten, welche die Wertung des Arbeitszeugnisses in Frage stellen (Sokoll, a.a.O., S. 41).
Umgekehrt lässt sich daraus schliessen, dass der Arbeitgeber auch keine Auskünfte über Themen geben muss, welche im Arbeitszeugnis in keiner Weise erwähnt sind. Zwar kann sich aufsichtsrechtlich für Arbeitgeber eine Pflicht auf Referenzeinholung ergeben, so etwa bei Banken, da die in leitender Funktion bei einer Bank tätigen Personen einen guten Ruf geniessen und Gewähr für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit bieten müssen (Art. 3 Abs. 2 lit. c BankG; BSK BankG-Winzeler, Art. 3 N 16). Der neue Arbeitgeber hat jedoch keinen selbständigen Anspruch auf Referenzerteilung. Das Bankengesetz enthält keinerlei branchenspezifische Vorschriften über die Einholung bzw. Erteilung von Referenzauskünften der ehemaligen und zukünftigen Arbeitgeber. Es ist daher davon auszugehen, dass auch gegenüber Angestellten von Banken die gleichen Grundsätze gelten, indem sich die Referenzauskünfte auf die Leistung des Arbeitnehmers und sein Verhalten beim ehemaligen Arbeitgeber im Rahmen des ausgestellten Arbeitszeugnisses beschränken. Die Referenzauskunft kann grundsätzlich jederzeit eingefordert werden, doch ist dem Arbeitgeber ein angemessener Zeitraum für die Auskunftserteilung zuzugestehen. Eine gefestigte Rechtsprechung oder vorherrschende Lehrmeinung, was unter einem angemessenen Zeitraum zu verstehen ist, besteht bis anhin nicht. Bei einer Referenzanfrage gegenüber einem ehemaligen Arbeitnehmer spielt der Umstand eine Rolle, wie lange er bereits aus dem Unternehmen ausgeschieden ist (Sokoll, a.a.O., S. 13).
LA230015 vom 23. Juli 2024
Im Entscheid LA230015 vom 23. Juli 2024 hatte sich das Obergericht des Kantons Zürich mit der Frage zu befassen, ob eine Arbeitgeberin aufgrund einer unterlassenen Referenz schadenersatzpflichtig wurde, da aufgrund der unterlassenen Referenz eine neue Stelle nicht angetreten werden konnte. Denn der Arbeitsvertrag mit einer neuen Arbeitgeberin stand namentlich unter dem Vorbehalt der Erteilung einer Referenzauskunft.
Das Obergericht wies dies Klage ab. Gemäss Obergericht war der Ansicht, der verlangte Inhalt der Referenz sprenge offensichtlich den Kontext des konkreten Arbeitszeugnisses. Aus diesem Grund habe die Arbeitgeberin die Referenz auch verweigern dürfen.
c) Wie oben ausgeführt, stellte sich die Beklagte auch im Berufungsverfahren auf den Standpunkt, dass die Referenzauskunft gemäss den Vorgaben des Klägers bzw. seiner künftigen Arbeitgeberin Auskünfte hätte enthalten müssen, welche nicht Teil des Arbeitszeugnisses waren und damit auch nicht Teil der darin enthaltenen Bewertung des Klägers (Urk. 118 Rz. 46, 83). Dieser Auffassung ist zu folgen. Das für den Kläger ausgestellte Arbeitszeugnis beinhaltet einerseits eine Qualifikation der Leistungen des Klägers in fachlicher Hinsicht und andererseits eine Beurteilung seines Verhaltens in persönlicher Hinsicht. Bezüglich beider Komponenten stellte die Beklagte dem Kläger ein gutes Zeugnis aus. Sie attestierte ihm gute Fachkenntnisse in seinem Tätigkeitsbereich; er habe gute Leistungen erbracht und ihre Erwartungen in jeder Hinsicht erfüllt (Urk. 5/18). Die Beklagte äusserte sich in diesem Zeugnis jedoch in keiner Weise darüber, ob gegen den Kläger bezüglich seiner Geschäftstätigkeit irgendwelche Beschwerden hängig seien, ob sie Informationen habe, welche für den Antrag oder die Registrierung des Klägers als Approved Person relevant sein könnten und ob der Kläger als Person eingestuft werden könne, welche alle Anforderungen von ausländischen Regulationsbehörden (wie z.B. der FCA) betreffend Eignung, Redlichkeit und Kompetenz erfülle (Urk. 25 Rz. 116; Urk. 5/39). Das Ansinnen der F._____, welche die Beantwortung dieser Fragen im Rahmen der Referenzauskunft verlangte, sprengt somit offensichtlich den Kontext des konkreten Arbeitszeugnisses, forderte die neue Arbeitgeberin mit diesen spezifischen Fragen von der Beklagten doch praktisch eine Garantie dafür, dass der Kläger keinerlei Altlasten aus seiner Tätigkeit im Finanzbereich bei der Beklagten aufweise und sämtliche Erfordernisse zwecks Erlangung des Status als „FCA Approved Person“ erfülle. Auch die Vorinstanz ging davon aus, dass die verlangte Referenz mithin unter anderem darauf abgezielt habe, in Erfahrung zu bringen, ob der Kläger die Anforderungen der britischen Aufsichtsbehörde erfülle (Urk. 119 S. 34). Die Beklagte musste sich zu diesem Thema im Arbeitszeugnis nicht äussern. Der Kläger hat das Arbeitszeugnis auch nicht beanstandet oder angefochten. Dabei ist es unerheblich, ob die Auskunft für den Kläger positiv oder negativ ausgefallen wäre. Die Beklagte hatte keine Verpflichtung, eine solche Referenz gegenüber der F._____ abzugeben. Auf eine Auskunft, welche ein Thema beschlägt, das im Arbeitszeugnis in keiner Weise erwähnt wird, hat der Kläger keinen Anspruch. Wie erwähnt, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf einen bestimmten Auskunftsinhalt. Die F._____ selbst verfügte ohnehin über keinen selbständigen Anspruch.
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Autor: Nicolas Facincani
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