Im Entscheid BGer 4A_498/2020 vom 15. Februar 2021 hatte sich das Bundesgericht mit der Frage der Rechtmässigkeit einer fristlosen Kündigung, welche auf Verstössen gegen interne Reglemente beruhte zu befassen.

 

Sachverhalt

Der Arbeitnehmer wurde von der Arbeitgeberin als Regional Sales Director für den asiatischen Markt angestellt. Gemäss Arbeitsvertrag gehörte er der Kaderstufe an und war dem Senior Vice President Marketing & Sales, Army & Government, C., unterstellt. Mit diesem verband ihn ein langjähriges freundschaftliches Verhältnis. Im Jahr 2018 erhielt die Arbeitgeberin Hinweise auf mutmasslich ungesetzliches Verhalten von C. und etwaiger weiterer Beteiligter. So soll C unrechtmässige Kommissionszahlungen für den Verkauf von Gütern der Arbeitgeberin erhalten haben. Auf diese Verdachtsmomente hin reichte die Arbeitgeberin im Februar 2018 bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige gegen C. wegen Widerhandlungen gegen das Kriegsmaterialgesetz, ungetreuer Geschäftsbesorgung, Bestechlichkeit etc. ein. In der Folge ordnete die Bundesanwaltschaft Hausdurchsuchungen an. Parallel zum Strafverfahren liess die Beklagte eine interne Untersuchung durchführen, in deren Verlauf sie durch einen beigezogenen Rechtsanwalt am 3. Mai 2018 den Arbeitnehmer befragen liess. Im Nachgang zu dieser Befragung kündigte die die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 8. Mai 2018 den Arbeitsvertrag mit dem Kläger fristlos und „mit sofortiger Wirkung“. Zur Begründung verwies sie auf „schwerwiegende Verstösse gegen den Verhaltenskodex“. Sie warf dem Arbeitnehmer vor, die gesetzes- und vertragswidrigen (Neben-) Geschäfte seines Vorgesetzten C. während seiner gesamten Tätigkeit für die Beklagte gedeckt und Dritten seinerseits Nebengeschäfte zu vermitteln versucht bzw. tatsächlich vermittelt zu haben.

 

Gerichtsinstanzen

Die Erstinstanz kam zum Schluss, dem Arbeitnehmer könne nicht nachgewiesen werden die Tätigkeiten von C. gedeckt zu haben. Auch der weitere Vorwurf eines „Kollusionsversuchs“ lasse sich nicht erhärten.

Die Vorinstanz begründete die fristlose Entlassung einerseits mit einem Verstoss gegen die ICT-Policy durch Nutzung des privaten E-Mail-Kontos (siehe zu den konkreten Vorwürfen unten). Andererseits stützte sie ihre Beurteilung auf die Gesamtheit der vorgeworfenen Handlungen, namentlich auch auf den Verstoss gegen Ziffer 4.5 des Personalreglements im Zusammenhang mit der versuchten Vermittlungstätigkeit (vgl. E. 3.1 unten) und den Verstoss gegen den Verhaltenskodex der Arbeitgeberin im Zusammenhang mit einem versuchten Verkauf eines Helikopters (vgl. E. 3.2 unten).

 

Beurteilung durch das Bundesgericht

Das Bundesgericht überprüft aber kantonale Ermessensentscheide nur zurückhaltend und schreitet nur ein, wenn die Vorinstanz grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgewichen ist, wenn sie Tatsachen berücksichtigt hat, die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle hätten spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt Umstände ausser Betracht gelassen hat, die zwingend hätten beachtet werden müssen. Ausserdem greift das Bundesgericht in Ermessensentscheide ein, falls sich diese als offensichtlich unbillig, als in stossender Weise ungerecht erweisen.

Aus wichtigen Gründen kann der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis jederzeit fristlos auflösen (Art. 337 Abs. 1 OR). Als wichtiger Grund gilt namentlich jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf (Art. 337 Abs. 2 OR). Über das Vorhandensein eines wichtigen Grundes zur fristlosen Kündigung entscheidet das Gericht nach seinem Ermessen (Art. 337 Abs. 3 OR).

Das Bundesgericht schützte daher den Entscheid der kantonalen Vorinstanz und somit die fristlose Kündigung.

 

Konkrete Vorwürfe

Der Vollständigkeit halber werden nachfolgend die Vorwürfe gegen den Arbeitnehmer wie im Entscheid des Bundesgerichts festgehalten, wiedergegeben (wörtlich):

3.1.1. Die Vorinstanz erwog, die Beschwerdegegnerin werfe dem Beschwerdeführer vor, er habe im Mai 2017 die I.________ Ltd. (Herstellerin von Radarsystemen mit Sitz in X.________) und Vertreter des Y.________ Staates je an die G.________ (konkret: F.________ und J.________) vermittelt. Der Vorwurf basiere auf einer E-Mail des Beschwerdeführers an F.________, der Inhaber der G.________. Diesem habe er unter anderem mitgeteilt, einen „potenten Fisch an der Angel“ zu haben. Die Vorinstanz verwarf den Einwand des Beschwerdeführers, wonach es sich dabei um branchenübliches „Networking“ gehandelt habe. Obgleich es zutreffen möge, dass Kontakte und der Austausch von Informationen zu einem solchen „Networking“ gehörten, seien mit der E-Mail vom 1. Mai 2020 (recte: 2017) an F.________ und J.________ jedoch nicht bloss Kontaktdaten ausgetauscht worden. Vielmehr werde aus dieser Nachricht ersichtlich, dass die in Y.________ geknüpften Kontakte („den Kontakt, den ich bezüglich der Software aufgetan habe […]“) für arbeitgeberfremde Zwecke weiter genutzt werden sollten, namentlich um lukrative Geschäftsbeziehungen für die G.________ anzubahnen („ein potenter Fisch an der Angel“). Diese Tätigkeit habe nicht mit den Aufgaben des Beschwerdeführers als Angestellter der Beschwerdegegnerin zusammengehangen und sei während der Arbeitszeit nicht erlaubt gewesen. Sie hätte deshalb auch nicht via den Geschäftsaccount erfolgen dürfen. Bereits darin liege ein Verstoss gegen das Personalreglement.  

3.1.2. Der Beschwerdeführer geht zutreffend davon aus, dass gemäss Art. 4.5 des Personalreglements die Mitarbeiter nicht berechtigt sind, während der Arbeitszeit Arbeiten für sich oder Dritte auszuführen, sowie – ausserhalb der Arbeitszeiten, soweit nicht ausdrücklich erlaubt – Einrichtungen und Arbeitsmittel der B.________ AG für Privatzwecke zu verwenden und zu benützen. Er bestreitet jedoch, dass er die in Y.________ geknüpften Kontakte privat genutzt habe; es sei nicht erwiesen, dass er mit der G.________ Geschäfte getätigt hätte. Mit dieser Argumentation geht der Beschwerdeführer nicht auf die Begründung der Vorinstanz ein, weshalb er bereits den Voraussetzungen für eine genügende Rüge (E. 1.1 hiervor) nicht nachkommt. Die Vorinstanz ging nicht deshalb von einer privaten Nutzung aus, weil der Beschwerdeführer privat Geschäfte mit der G.________ getätigt hätte, sondern weil er privat der G.________ einen neuen Geschäftspartner habe zuhalten wollen und dies über blosse Kontaktpflege und Networking hinausgegangen sei. Dass die Vorinstanz Letzteres aus der E-Mail vom 1. Mai 2017 ableitete, ist im Übrigen nicht zu beanstanden bzw. stellt offensichtlich keine willkürliche Beweiswürdigung dar.  

3.2.  

3.2.1. Die Beschwerdegegnerin warf dem Beschwerdeführer vor, im Frühling 2016 (über seinen privaten E-Mail-Account; vgl. dazu E. 3.3 hiernach) versucht zu haben, für die G.________ den Verkauf V.________ Helikopter und evtl. Flugabwehrraketen an H.________ in W.________ einzufädeln. Er habe F.________ informiert, dass H.________ Verbindungen zu K.________ (staatlicher Monopol-Exporteur V.________ für Rüstungsgüter) suche und im Gegenzug die G.________ bei ihren Aktivitäten unterstützen könne. Dabei habe er F.________ empfohlen, mit H.________ über die private E-Mail-Adresse zu kommunizieren, weil sie „direkt“ und ohne „Mitleser“ sei. Weil der Kontakt so offenbar nicht zustandegekommen sei, habe er am 4. Mai 2016 bei H.________ nachgehakt, unter Hinweis auf seine jahrelange gute Zusammenarbeit und Freundschaft mit F.________. Die Vorinstanz erwog, dieses Vorgehen – von welchem sie ausging – habe (erneut) ein normales „Networking“ gesprengt. Wäre es dem Beschwerdeführer lediglich darum gegangen, Kontaktdaten auszutauschen, hätte es beispielsweise keines Nachhakens bedurft. Aus dem E-Mail-Verkehr ergebe sich hinreichend deutlich, dass der Beschwerdeführer – aus welchen Motiven auch immer – für die G.________ eine lukrative Geschäftsbeziehung anbahnen wollte, habe er doch H.________ explizit eine finanziell ergiebige Zusammenarbeit mit der G.________ in Aussicht gestellt. Es könne von einer eigentlichen Vermittlungstätigkeit ausgegangen werden. Dem Beschwerdeführer habe auch bewusst sein müssen, dass der Verkauf von Helikoptern als Dual-Use-Produkte (d.h. militärisch und zivil nutzbar) möglicherweise mit dem V.________-Embargo hätte in Konflikt geraten können. Ob der Verkauf letztlich zustande gekommen oder unter das Embargo gefallen wäre, sei nicht entscheidend, denn jedenfalls seien seine Aktivitäten geeignet gewesen, das Renommee der Beschwerdegegnerin zu beschädigen. Er habe seine privaten Interessen über jene der Arbeitgeberin gestellt und diesen Interessenkonflikt nicht offengelegt. Daher habe er auch gegen den Verhaltenskodex der Beschwerdegegnerin verstossen, der vorschreibe, „Interessenkonflikte transparent zu machen“.  

3.2.2. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass er private Interessen und nicht jene der Beschwerdegegnerin verfolgt habe. Ein wie auch immer gearteter Vorteil habe ihm nicht nachgewiesen werden können. Es leuchte daher nicht ein, welchen Interessenkonflikt er hätte transparent machen müssen, handle es sich doch bei der G.________ und H.________ um Geschäftspartner der Beschwerdegegnerin, welche er mit der Vermittlung von Kontakten hätte zufriedenstellen sollen. Mit Letzterem wiederholt er lediglich erneut sein – bereits vor der Vorinstanz vorgebrachtes – Argument, es habe sich um blosse Kontaktpflege und normales Networking gehandelt, ohne dass er aber auf die Begründung der Vorinstanz eingeht. Damit kommt er den Rügeanforderungen nicht nach (vgl. E. 1.1 hiervor). Dass sich insbesondere aus dem Nachhaken über blosses Networking hinausgehende Vermittlungsbemühungen ergeben, ist im Übrigen offensichtlich.  

3.3. Der Beschwerdeführer sandte am 19. April 2016 diverse Pistolen- und Sturmgewehrspezifikationen von Produkten der Unternehmung L.________ von seinem privaten E-Mail-Konto an C.________.  

3.3.1. Die Vorinstanz erwog, gemäss Ziff. 5 lit. a Abs. 3 (recte: Ziff. 5.1 lit. a Abs. 3) der Allgemeinen ICT-Policy der Beschwerdegegnerin sei der Einsatz privater ICT-Mittel – vorbehältlich einer in der Weisung enthaltenen abweichenden Bestimmung – nicht gestattet. Es liege daher auf jeden Fall ein Verstoss gegen die ICT-Policy vor. Ob andere Arbeitnehmer auch dagegen verstossen hätten, wie der Beschwerdeführer geltend mache, sei nicht entscheidend, denn das unzulässige Verhalten Dritter mache das eigene nicht rechtmässig. Ebenso sei der Inhalt der E-Mail irrelevant, das heisst, ob es um vertrauliche Informationen gegangen sei oder nicht. Schliesslich sei der Einwand des Beschwerdeführers, er habe aus technischen Gründen seine private E-Mail-Adresse benutzen müssen, weil der Zugang zum B.________ AG-Server blockiert gewesen sei, eine reine Parteibehauptung. Denn seine Begründung, weshalb der Bericht der B.________ AG betreffend technische Störung nicht einschlägig sein solle, sei wenig überzeugend. Zwar sei notorisch, dass der E-Mail-Verkehr von gewissen Staaten überwacht werde. Solche Massnahmen behinderten den E-Mail-Verkehr in der Regel aber nicht, sondern blieben unbemerkt, weil sie im Geheimen abliefen.  

3.3.2. Der Beschwerdeführer wendet ein, es sei plausibel, dass eine Verbindung über den B.________ AG-Server zu diesem Zeitpunkt nicht möglich gewesen sei, denn sonst hätte er die E-Mail nicht an den Geschäfts-Account von C.________ geschickt. Er leitet daraus ab, dass er nichts zu verbergen gehabt habe. Letzteres kann dahingestellt bleiben; jedenfalls ändert das nichts daran, dass er sein privates E-Mail-Konto benutzte und es kann daraus auch nicht abgeleitet werden, dass der B.________ AG-Server blockiert gewesen wäre.  

Vor allem macht der Beschwerdeführer geltend, seiner Ansicht nach könne ein privater E-Mail-Account nicht als ICT-Mittel im Sinn von Art. 5.1 lit. a Abs. 3 ICT-Policy angesehen werden, da es sich dabei nach der Definition unter Ziffer 3 um Geräte, Einrichtungen und Dienste, die zur elektronischen Bearbeitung von Daten sowie zu internen und externen Telefonkommunikation eingesetzt werden, wie Hardware, Betriebssysteme, Datenbanken, Anwendungen, Netzwerke, Peripheriegeräte, Daten, Dokumentationen und insbesondere mobile Geräte und Speichermedien wie Laptops, PDAs, Smartphones, USB-Sticks, CDs handeln könne, nicht jedoch um einen privaten E-Mail-Account. Tatsächlich sei die Benützung der E-Mail lediglich unter Ziffer 8.5 der ICT-Policy geregelt, wo lediglich das automatische Umleiten von E-Mails von und zu privaten Stellen oder zu Stellen ausserhalb des B.________ AG-Konzerns untersagt sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Regelungen der ICT-Policy offenbar noch aus einer Zeit stammten, wo nicht jeder Mitarbeiter über ein privates E-Mail-Konto verfügt habe. Letzteres habe er anlässlich der erstinstanzlichen Parteibefragung so angegeben, was aber vom Erstgericht in Verletzung der Untersuchungsmaxime zu Unrecht nicht berücksichtigt worden sei. 

3.3.3. Die ICT-Policy regelt gemäss ihrem Titel den „Umgang mit Informatik- und Kommunikationsmitteln“. Nach den Feststellungen der Vorinstanz wertete bereits die Erstinstanz die Nutzung des privaten E-Mail-Kontos als Verstoss gegen die ICT-Policy. Wäre der Beschwerdeführer der Auffassung gewesen, die Nutzung des privaten E-Mail-Kontos verstosse als solche zum vorneherein gar nicht gegen diese Bestimmungen, da es sachlich um anderes gehe, hätte er dies vor der Vorinstanz geltend machen müssen. Damit das Bundesgericht auf eine Rüge eintreten kann, ist nicht nur erforderlich, dass der kantonale Instanzenzug formell durchlaufen wurde, sondern auch, dass die Rügen, die dem Bundesgericht unterbreitet werden, soweit möglich schon vor Vorinstanz vorgebracht wurden (sog. materielle Erschöpfung des Instanzenzugs; BGE 143 III 290 E. 1.1 S. 292 f. mit Hinweisen). Dass der Beschwerdeführer dies getan hätte, legt er nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Damit muss nicht weiter auf dieses Vorbringen eingegangen werden. Im Übrigen wird der in Ziffer 5.1 lit. a Abs. 3 der ICT-Policy verwendete Begriff der privaten ICT-Mittel in Ziffer 3 umschrieben. Danach fallen darunter alle Geräte, Einrichtungen und Dienste, die (unter anderem) zur internen und externen Telekommunikation eingesetzt werden. Es liegt denn auch auf der Hand, dass gerade in einem derart heiklen Bereich wie der Rüstungsindustrie die Nutzung des privaten, nicht speziell gesicherten, E-Mail-Kontos vom Arbeitgeber – unter Vorbehalt von Ausnahmen – nicht zugelassen wird.  

3.4. Einen weiteren Fall einer Verletzung der ICT-Policy sahen die beiden kantonalen Gerichte darin, dass der Beschwerdeführer von seinem privaten E-Mail-Konto aus eine Endverbleibserklärung („End User Certificate“) der Y.________ Marine für diverse Munition (Munitionsbestellung) an seine geschäftliche E-Mail-Adresse weitergeleitet habe. Es sei unerklärlich, wie dieses Zertifikat in seinem höchst unsicheren privaten Postfach gelandet sei.  

3.4.1. Die Vorinstanz verwarf den Einwand des Beschwerdeführers, die E-Mail-Korrespondenz mit der Y.________ Marine sei unvollständig eingereicht worden und dies könne nicht ihm angelastet werden. Vielmehr müsse es auch einen ersten Teil der Korrespondenz geben, der belege, wie das „End User Certificate“ zum Beschwerdeführer gelangt sei. Der Beschwerdeführer behaupte eine Falschzustellung an seine private E-Mail-Adresse, für die er nicht einzustehen habe. Wie und woher die Nachricht in sein privates Postfach gelangt sei, könne jedoch in erster Linie er selbst erklären. Nur er würde über den entsprechenden ersten Teil der E-Mail-Korrespondenz verfügen. Mithin sei davon auszugehen, dass er eine höchst vertrauliche Information (Munitionsbestellung) auf seinem ungesicherten privaten Mailserver abgespeichert habe, was einen Verstoss gegen die ICT-Policy der Beschwerdegegnerin darstelle.  

3.4.2. Soweit der Beschwerdeführer erneut geltend macht, eine private E-Mail könne nicht als ICT-Mittel angesehen werden und es liege daher kein Verstoss gegen die ICT-Policy der Beschwerdegegnerin vor, kann auf die vorstehenden Ausführungen (E. 3.3.3) verwiesen werden. Unbehelflich ist auch der bereits zuvor erhobene Einwand, wonach die Verbindung zum Server der Beschwerdegegnerin technisch nicht immer funktioniert habe. Abgesehen davon, dass sich der Beschwerdeführer auch hier nicht mit der Begründung der Vorinstanz auseinandersetzt, wonach diese Blockierung eine blosse Schutzbehaupung sei, ist vor allem nicht ersichtlich, was er aus seinen Vorbringen ableiten will. Er könnte damit nur geltend machen, er habe eine Zustellung auf sein privates E-Mail-Konto veranlassen müssen, weil eine solche auf die Geschäftsadresse nicht möglich gewesen sei. Das aber stünde im offensichtlichen Widerspruch zu seiner vor der Vorinstanz vertretenen These, es müsse sich um eine nicht von ihm zu verantwortende Falschzustellung an seine private Adresse gehandelt haben.  

Schliesslich liegt entgegen dem Beschwerdeführer auch keine Verletzung der Beweislastverteilung (Art. 8 ZGB) vor. Dass die Munitionsbestellung auf seinem privaten E-Mail-Konto gespeichert war, ist unbestritten. Das würde dem Beschwerdeführer dann nicht zum Vorwurf gereichen, wenn erstellt wäre, dass dies ohne sein Zutun erfolgt wäre. Das erkannte er offensichtlich selbst, berief er sich doch auf eine Falschzustellung. Es wäre daher an ihm gelegen, zumindest die konkreten Umstände dazulegen, wie es zu dieser Falschzustellung gekommen sein soll. Diese Behauptungen hätten dann von der Beschwerdegegnerin wiederum bestritten werden können, woraufhin darüber dann hätte Beweis abgenommen werden können. Wenn die Vorinstanz zufolge vollständigem Fehlen substanziierter Vorbringen eine (ungewollte) Falschzustellung nicht als erstellt sah, liegt darin keine Verletzung von Art. 8 ZGB. 

3.5. Die Beschwerdegegnerin hatte im kantonalen Verfahren weiter geltend gemacht, am 19. Januar 2017 habe M.________ (ehemaliger Key Account Manager für Asien/Südamerika/Europa 1) dem Beschwerdeführer eine Munitionsbestellung an dessen private E-Mail-Adresse weitergeleitet.  

3.5.1. Das Erstgericht hatte das vom Beschwerdeführer geltend gemachte Vertippen bei der Adresseingabe als eher unwahrscheinlich qualifiziert. In der Berufung rügte der Beschwerdeführer, die Erstinstanz habe einen anlässlich der Hauptverhandlung gestellten Antrag auf Edition von Unterlagen bei der Beschwerdegegnerin übergangen, mit welchem er habe nachweisen wollen, dass er die fragliche Nachricht umgehend auf seine Geschäftsadresse weitergeleitet und dem potentiellen Kunden eine Absage erteilt habe. Die Vorinstanz verneinte, dass die Erstinstanz einen Beweisantrag des Beschwerdeführers unzulässigerweise übergangen habe. Nachdem der erstinstanzliche Richter festgestellt habe, es würden keine weiteren Beweisabnahmen mehr verlangt, habe der Beschwerdeführer nicht interveniert und die fehlende Beurteilung des (an sich) offenen Beweisantrags gerügt. Er habe es daher selbst zu verantworten, dass möglicherweise relevante Beweismittel fehlten. Selbst wenn es sich bei der Munitionsbestellung um einen „Irrläufer“ gehandelt haben sollte, würde dies im Übrigen am Gesamteindruck (keine konsequente Trennung zwischen privatem und geschäftlichem Postfach) wenig ändern, denn der Sachverhalt M.________ sei ja nur einer unter mehreren Vorfällen im Zusammenhang mit Aktivitäten des Beschwerdeführers via sein privates Postfach.  

3.5.2. Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang einzig geltend gemachte Verletzung der Untersuchungsmaxime gemäss Art. 247 Abs. 2 lit. b ZPO ist zu verneinen. Dem Gericht obliegt gemäss dieser Maxime einzig eine verstärkte Fragepflicht. Wie unter dem Verhandlungsgrundsatz im ordentlichen Verfahren haben die Parteien dem Gericht den Sachverhalt zu unterbreiten. Das Gericht hilft ihnen lediglich durch sachgemässe Fragen dabei, die notwendigen Behauptungen vorzutragen und die dazugehörigen Beweismittel zu bezeichnen. Wenn die Parteien durch einen Anwalt vertreten sind, darf und soll sich das Gericht, wie im ordentlichen Verfahren, zurückhalten (BGE 141 III 569 E. 2.3.1 S. 575 mit Hinweisen).  

3.6. Ein weiterer Vorwurf der Beschwerdegegnerin bestand darin, dass ein Waffenhändler aus Z.________ den Beschwerdeführer über dessen privates Postfach angefragt hatte, ob er Munition liefern könne, idealerweise ohne Begleitrechnung.  

3.6.1. Der Beschwerdeführer hatte vor Vorinstanz geltend gemacht, bei diesem Waffenhändler habe es sich um einen Kontakt von früher gehandelt. Das sei auch der Grund, weshalb die Nachricht über seine private E-Mail-Adresse abgewickelt worden sei, wobei er die Nachricht nicht an die Geschäftsadresse weitergeleitet hätte, wenn er etwas hätte verbergen wollen. Dies liess die Vorinstanz nicht gelten. Sie erwog, würde es sich um einen Einzelfall handeln, wäre dieser Vorfall in der Tat als nicht besonders gravierend einzustufen. Hier hätten die Untersuchungen jedoch gleich mehrere Aktivitäten ähnlichen Inhalts (Geschäftspost im privaten Postfach des Beschwerdeführers) zu Tage gefördert, sodass eine gewisse Regelmässigkeit erkennbar sei. Bei dieser Ausgangslage wirkten die Vorbringen des Beschwerdeführers nicht überzeugend.  

3.6.2. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass von einer Regelmässigkeit gesprochen werden könne. Trotz umfangreicher Untersuchungen habe die Beschwerdegegnerin gerade mal sechs E-Mail-Nachrichten beanstanden können, die entweder von oder an seine private E-Mail-Adresse geschickt worden seien oder einen angeblich verfänglichen Inhalt aufgewiesen hätten. Dies trotz einer grossen Zahl von E-Mails, die jeden Tag verschickt worden seien.  

Es ist nicht hinreichend klar, ob der Beschwerdeführer damit bestreiten will, dass die vorgeworfene Nutzung des privaten E-Mail-Kontos (zusammen mit den weiteren Vorwürfen) eine fristlose Entlassung zu rechtfertigen vermöchte (dazu nachfolgend E. 4) oder ob er der Vorinstanz vorwirft, sie hätte (auch) in diesem Fall nicht auf ein (bewusstes) Nutzen der privaten E-Mail-Adresse in Verletzung der ICT-Policy schliessen dürfen. Selbst wenn Letzteres der Fall wäre, ist die Beweiswürdigung der Vorinstanz jedenfalls nicht geradezu willkürlich, auch wenn keine grosse Zahl privater Nutzungen nachgewiesen wurde.

 

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Autor: Nicolas Facincani