Im Rahmen einer Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Luzern, 1. Abteilung, vom 24. November 2020 hatte sich das Bundesgericht unter anderem mit einer behaupteten Lohndiskriminierung eines Arbeitnehmers auseinanderzusetzen (Urteil des Bundesgerichts 4A_33/2021 vom 19. Juli 2021).

 

Diskriminierungsverbot

Das Gleichstellungsgesetz verbietet jegliche Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im Erwerbsleben. Das Verbot erstreckt sich auf das gesamte Arbeitsverhältnis (insbesondere auf die Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung) und bezieht sich auf direkte und indirekte Diskriminierungen.

 

Grundlagen der Lohndiskriminierung

Oft sieht man, dass der Lohn unterschiedlich ist – dann kann eine direkte Diskriminierung der Geschlechter gegeben sein, sofern es keine sachlichen Gründe (wie z.B. Ausbildung, Erfahrung etc.) gibt. Im Zusammenhang mit dem Lohn wird aber teilweise auch geltend gemacht, es liege eine indirekte Diskriminierung vor, wenn etwa ein Beruf gemäss Erfahrung ein reiner „Frauen- oder Männerberuf“ darstellt und gegenüber anderen Berufen bei gleichen Angestellten, die gleichwertige Arbeit verrichten, schlechter Entlöhnt werden. So gab es in der Vergangenheit Klagen von Kindergärtnerinnen, die geltend machten, sie seien schlechter entlöhnt als Primarlehrer. In der Regel fällt es aber schwer, in solchen Situationen die Vergleichbarkeit der Berufe und somit die Diskriminierung aufzuzeigen.

 

Vermutung der Lohndiskriminierung

Nach Art. 6 GlG wird eine Lohndiskriminierung vermutet, wenn sie von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird. Für eine Glaubhaftmachung braucht nicht die volle Überzeugung des Gerichts herbeigeführt zu werden, sondern es genügt, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Diskriminierung in der Entlöhnung spricht, auch wenn das Gericht noch mit der Möglichkeit rechnet, dass sie tatsächlich nicht vorhanden sein könnte (vgl. BGE 120 II 393 E. 4b S. 398 mit Hinweisen). Gelingt die Glaubhaftmachung, steht dem Arbeitgeber der Beweis offen, dass trotzdem keine Lohndiskriminierung vorliegt. Dazu das Bundesgericht (BGE 125 III 368 E. 4):

Nach der bundesrechtlichen Beweisvorschrift von Art. 6 GlG liegt es daher an der Beklagten, Umstände nachzuweisen, aus denen sich ergibt, dass die festgestellte Lohndifferenz auf sachlichen Gründen ohne geschlechterdiskriminierende Wirkung beruht (vgl. STEIGER-SACKMANN, in: BIGLER EGGENBERGER/KAUFMANN (Hrsg.), Kommentar zum Gleichstellungsgesetz, Basel 1997, N. 59-61 zu Art. 6 GlG).

 

Rechtsprechung zur Vermutung

Im Entscheid des Bundesverwaltungsgericht A-6754/2016 vom 10. September 2018 fasste diese wesentliche Punkte zur Vermutung einer Lohndiskriminierung zusammen:

Eine geschlechtsbedingte Diskriminierung ist in der Regel glaubhaft gemacht, wenn Angehörige des einen Geschlechts für eine gleiche oder gleichwertige Arbeit einen signifikant tieferen Lohn erhalten als jene des anderen Geschlechts (z.B. als Vorgänger oder Nachfolger auf der gleichen Stelle). Das Bundesgericht erachtete eine Lohndiskriminierung aufgrund des Geschlechts bei Lohndifferenzen zwischen 15 bis 25 % als glaubhaft gemacht (BGE 125 III 368 E. 4.). Dabei handelt es sich um Richtgrössen, die – allenfalls zusammen mit weiteren Kriterien – eine Glaubhaftmachung erfolgreich begründen können (BGE 142 II 49 E. 6.2 m.H.). In einem Fall liess das Bundesgericht bereits eine Differenz von 11 % genügen, wobei die Klägerin ihre Tätigkeit gut drei Jahre länger ausgeübt hatte als der zum Vergleich beigezogene Arbeitskollege (Urteil 2A.91/2007 vom 25. Februar 2008 E. 5).

 

Urteil des Bundesgerichts 4A_33/2021 vom 19. Juli 2021

Zu prüfen war durch das Bundesgericht im Urteil des Bundesgerichts 4A_33/2021 vom 19. Juli 2021 ob ein Arbeitnehmer aufgrund seines Geschlechts bei der Entlöhnung diskriminiert worden war.

Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, dem Arbeitnehmer gelinge es nicht, eine Lohndiskriminierung glaubhaft zu machen. Die von ihm angeführte weibliche Referenzperson sei keine taugliche Referenzperson, da sie einerseits nicht bei derselben Lohnschuldnerin wie er angestellt gewesen sei, andererseits nicht die gleichen Aufgaben erledigt habe. Überdies gelinge es ihm nicht, eine unternehmensübergreifende Verflechtung glaubhaft zu machen, die es erlauben würde – trotz anderer Arbeitgeberin -, einen Vergleich mit dem Lohn der Referenzperson anzustellen. Auch betreffend das geltend gemachte Verwaltungsratshonorar habe der Arbeitnehmer keine geschlechtsspezifische Diskriminierung glaubhaft darlegen können.

 

Lohnvergleiche nur bei Beschäftigten desselben Arbeitgebers

Das Bundesgericht schützte den Entscheid der Vorinstant und hielt fest, dass einerseits Lohnvergleiche grundsätzlich nur zwischen Beschäftigten bei demselben Arbeitgeber zulässig seien, es sei denn, es läge eine Verflechtung vor (E. 3.1):.

Lohnvergleiche sind grundsätzlich nur zwischen Beschäftigten bei demselben Arbeitgeber zulässig. Vergleiche der von zwei verschiedenen Arbeitgebern ausbezahlten Löhne können höchstens bei Verflechtungen zulässig sein, das heisst wenn der eine Arbeitgeber auf das Lohnsystem des anderen Arbeitgebers Einfluss nehmen kann (Urteil 1C_405/2007 vom 22. Oktober 2008 E. 4.3 mit Hinweisen).

Dabei wurde insbesondere auf das Urteil 1C_405/2007 vom 22. Oktober 2008 verwiesen, welches in E. 4.3 hierzu bereits das Folgende festhielt:

4.3 Das Verwaltungsgericht verneinte die Zulässigkeit des Vergleichs der Löhne der Polizisten der im Zweckverband zusammengeschlossenen Gemeinden mit dem Lohn der beim Beschwerdeführer angestellten Krankenschwestern. Es begründete dies damit, dass der Zweckverband rechtlich autonom und nicht an die personalrechtlichen Vorschriften der in ihm zusammengeschlossenen Gemeinden gebunden sei. Ebenso lehnte es den Vergleich der Löhne der beim Kanton angestellten Polizeisoldaten mit dem Lohn der Krankenschwestern des Beschwerdeführers ab, da die Abhängigkeit vom Lohnsystem des Kantons, das der Beschwerdeführer übernommen habe, ein zu unscharfes Kriterium sei. 

Art. 3 GIG statuiert das Verbot der Geschlechterdiskriminierung, insbesondere bezüglich der Entlöhnung. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass Lohnvergleiche zwischen verschiedenen öffentlichen Arbeitgebern zulässig wären (BGE 125 I 71 E. 4d/bb S. 86 in fine, mit Hinweisen; ELISABETH FREIVOGEL, in: Margrith Bigler-Eggenberger/Claudia Kaufmann (Hrsg.), Kommentar zum Gleichstellungsgesetz, Basel/ Frankfurt a.M. 1997, Rz. 105 zu Art. 3). Vergleiche der von zwei verschiedenen Arbeitsgebern ausbezahlten Löhne können höchstens bei Verflechtungen zulässig sein, d.h. wenn der eine Arbeitgeber auf das Lohnsystem des anderen Arbeitgebers Einfluss nehmen kann. In diesem Fall ist der formelle Arbeitgebende nicht identisch mit der Körperschaft, die den Lohn bestimmt (FREIVOGEL, a.a.O., Rz. 105 zu Art. 3 GIG und Rz. 22 zu Art. 7 GIG). 

 Wie es sich damit verhält resp. ob der Standpunkt des Verwaltungsgerichts, der Verweis auf das kantonale Lohnsystem im Anstellungsvertrag sei zu „unscharf“, als dass ein Vergleich der Löhne der Kantonspolizisten mit denjenigen der beim Beschwerdeführer tätigen Krankenschwestern statthaft wäre, bundesrechtskonform ist, kann hier – wie sich nachfolgend ergibt – offen bleiben.

 

Sachliche Gründe für die Lohnunterschiede

Das Bundesgericht zeigte sodann auf, welches die sachlichen Gründe für nicht diskriminierende Lohnunterschiede sein können (E. 4.3):

Nicht diskriminierend sind nach der Rechtsprechung in der Regel Lohnunterschiede, die auf objektiven Gründen beruhen. Dazu gehören etwa Gründe, die den Wert der Arbeit selbst beeinflussen können, wie Ausbildung, Dienstalter, Qualifikation, Erfahrung, konkreter Aufgabenbereich, Leistung oder Risiken (BGE 141 II 411 E. 6.1.2; 136 II 393 E. 11.3; 130 III 145 E. 5.2; 125 III 368 E. 5; 124 II 409 E. 9c, 436 E. 7a; je mit Hinweisen).

 

Weitere Beiträge zur Gleichstellung der Geschlechter:

 

Autor: Nicolas Facincani

 

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