Im schweizerischen Arbeitsrecht gilt das Prinzip der Kündigungsfreiheit. Es steht den Parteien somit grundsätzlich frei, das Arbeitsverhältnis aus beliebigen Gründen aufzulösen. Im Grundsatz besteht somit für den Arbeitgeber keine Verpflichtung, einen Arbeitnehmer, dem gekündigt werden soll, vor Aussprache der Kündigung, diesen anzuhören oder zu verwarnen (BGE 4A_419/2007 vom 29.1.2008, E. 2.6). Eine Ausnahme liegt insbesondere bei Alterskündigungen vor.
Im Rahmen des Arbeitsrechts werden zwei Arten von Kündigungen unterschieden: die ordentliche Kündigung (unter Einhaltung der Kündigungsfrist) und die ausserordentliche Kündigung (fristlose Kündigung).
Die Kündigung, um Wirkungen zu entfalten, kann jederzeit ausgesprochen werden (ausser während einer Sperrfrist – siehe hierzu die nachfolgenden Schranken). Wird hingegen die Kündigungsfirst oder der Kündigungstermin nicht eingehalten, treten die Wirkungen auf den nächstmöglichen Kündigungstermin (BGE 4A_556/2012 vom 9.4.2013, E. 4.3). Im Falle eines zu langen Zuwartens bei einer fristlosen Kündigung nach Entdecken der Kündigungsgründe kann sich eine fristlose Kündigung als unzulässig erweisen, das Arbeitsverhältnis wird aber dennoch beendet (siehe hierzu den entsprechenden Beitrag).
Die Kündigung kann auch vor Stellenantritt ausgesprochen werden. In diesem Fall entfaltet sie nach der hier vertretenen Ansicht ihre Wirkungen im Zeitpunkt des vertraglich vorgesehenen Arbeitsantritts. Sie ist aber so früh wie möglich zu erklären.
Schranken der Kündigungsfreiheit
Schranken der Kündigungsfreiheit können sich insbesondere dadurch ergeben, dass die Kündigungsfristen und die Kündigungstermine einzuhalten sind. Sodann schränkt der sachliche und der zeitliche Kündigungsschutz die Kündigungsfreiheit ein. Weiter sind Kündigungen während Diskriminierungsverfahren nach Art. 10 GlG anfechtbar und können unter Umständen sogar zur Wiedereinstellung führen.
Im weiteren ist es den Parteien möglich, vertragliche Kündigungsbeschränkungen vorzusehen, was auch in Gesamtarbeitsverträgen regelmässig vorkommt.
Kündigung als Gestaltungsrecht
Bei der Kündigung handelt es sich um ein Gestaltungsrecht. Durch die einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung wird das Arbeitsverhältnis beendet.
Damit das Gestaltungsrecht der Kündigung rechtsgültig ausgeübt werden kann, muss es von Personen wahrgenommen werden, welche hierzu berechtigt sind (Vertreter, Organe einer juristischen Person). Fehlende Befugnisse können allerdings auch nachträglich geheilt werden (BGE 128 III 129, E. 2b).
Das Gestaltungsrecht ist eine Willensäusserung, welche der Gegenpartei in klarer und präziser Form kundgetan werden muss. Blosse Absichtserklärungen begründen keine Unklaren Äusserungen sind auszulegen (BGE 4C.151/2003 vom 26.8.2003).
Bedingte Kündigungen
Es ist unzulässig, eine Kündigung von einer Bedingung abhängig zu machen. Hier gibt es aber eine Ausnahme: Hängt es ausschliesslich vom Willen der gekündigten Partei ab, ob die Bedingung eintritt, ist die Verknüpfung einer Kündigung mit einer Bedingung zulässig. Dies ist insbesondere bei den Änderungskündigungen der Fall. Hier kann der Arbeitnehmer entscheiden, ob er den geänderten Arbeitsbedingungen zustimmen will oder nicht. Stimmt er nicht zu, so endet das Arbeitsverhältnis.
Willensmangel und Widerruf
Eine Kündigung ist grundsätzlich durch den Kündigenden nicht widerruflich (BGE 4C.359/2006 vom 12.1.2007). Sie kann somit nur mit Zustimmung der gekündigten Partei widerrufen bzw. rückgängig gemacht werden, vorbehalten bleibt jedoch ein gültiger Rückzug nach Art. 9 OR (BGE 128 III 129, E. 2a).
Wie alle Willenserklärungen sind auch Kündigungen wegen Willensmängeln anfechtbar. Zu denken ist vor allem an Fälle des Erklärungsirrtums, doch auch ein Grundlagenirrtum ist nicht ausgeschlossen.
BGE 4A_1/2024 vom 16. Januar 2025
Im Entscheid BGE 4A_1/2024 vom 16. Januar 2025 hatte sich das Bundesgericht mit einem Fall auseinanderzusetzen, wo der Arbeitnehmer, welche die Kündigung aussprach, im Nachhinein geltend machte, er sei im Zeitpunkt des Aussprechens der Kündigung urteilsunfähig gewesen und deshalb sei die Kündigung nicht gültig (E. 3: Le recourant conteste avoir eu la capacité de discernement en envoyant son courrier de démission le 26 décembre 2010. La cour cantonale se serait écartée sans raison des deux expertises judiciaires qui attestent son incapacité de discernement et aurait ainsi versé dans l’arbitraire.)
Grundsätzlich stimmte das Bundesgericht zu, dass ein Kündigung nur gültig ausgesprochen werden könne, wenn die Urteilsfähigkeit vorliege, welche aber grundsätzlich vermutet werde:
Toute personne qui n’est pas privée de la faculté d’agir raisonnablement en raison de son jeune âge, de déficience mentale, de troubles psychiques, d’ivresse ou d’autres causes semblables est capable de discernement au sens de la présente loi (art. 16 CC). Cette notion comporte deux éléments: un élément intellectuel, la capacité d’apprécier le sens, l’opportunité et les effets d’un acte déterminé, et un élément volontaire ou caractériel, la faculté d’agir en fonction de cette compréhension raisonnable, selon sa libre volonté (ATF 144 III 264 consid. 6.1.1; 134 II 235 consid. 4.3.2). La capacité de discernement est relative: elle ne doit pas être appréciée dans l’abstrait, mais concrètement, par rapport à un acte déterminé, en fonction de sa nature et de son importance, les facultés requises devant exister au moment de l’acte (ATF 144 III 264 consid. 6.1.1; 134 II 235 consid. 4.3.2; arrêt 5A_823/2022 du 17 mai 2023 consid. 3.2.1).
La capacité de discernement est présumée (ATF 144 III 264 consid. 6.1.2). En revanche, lorsqu’il est avéré qu’au moment d’accomplir l’acte litigieux, une personne se trouve dans un état durable d’altération mentale liée à l’âge ou à la maladie, qui, selon l’expérience générale de la vie, l’empêche d’agir raisonnablement, elle est alors présumée dépourvue de la capacité d’agir raisonnablement en rapport avec l’acte litigieux. Cette présomption de fait concerne les personnes, qui, au moment de l’acte, se trouvent dans un état durable d’altération mentale liée à l’âge ou à la maladie (ATF 144 III 264 consid. 6.1.3). La présomption d’incapacité liée à un état général d’altération mentale peut être renversée en établissant que la personne intéressée a accompli l’acte litigieux dans un moment de lucidité; elle peut également l’être en démontrant que, dans le cas concret, à savoir en fonction de la nature et de l’importance de l’acte déterminé, la personne était en mesure d’agir raisonnablement (ATF 144 III 264 consid. 6.1.3; arrêt 4A_148/2023 du 4 septembre 2023 consid. 7.3 non publié aux ATF 150 III 147). La contre-preuve que la personne concernée a agi dans un intervalle lucide étant difficile à rapporter, la jurisprudence facilite la preuve: il suffit de prouver que la personne concernée, malgré une incapacité générale de discernement au vu de son état de santé, était au moment déterminant capable de discernement avec une vraisemblance prépondérante (ATF 124 III 5 consid. 1b; arrêt 5A_16/2016 du 26 mai 2016 consid. 4.1.2).
Das Bundesgericht lehnte die Berufung auf die Urteilsunfähigkeit ab und erachtete die Kündigung als gültig. Daran änderte auch nichts, dass zwei Gutachten belegten, dass der betreffend Arbeitnehmer an einer Beeinträchtigung seiner geistigen Fähigkeiten litt:
3.2.4. Le juge apprécie librement la force probante d’une expertise. Dans le domaine des connaissances professionnelles particulières, il ne peut toutefois s’écarter de l’opinion de l’expert que pour des motifs importants qu’il lui incombe d’indiquer, par exemple lorsque le rapport d’expertise présente des contradictions ou attribue un sens ou une portée inexacts aux documents et déclarations auxquels il se réfère. Il doit donc examiner, si, sur la base des autres preuves et des observations formulées par les parties, des objections sérieuses viennent ébranler le caractère concluant des constatations de l’expertise. Il est même tenu, pour dissiper ses doutes, de recueillir des preuves complémentaires lorsque les conclusions de l’expertise judiciaire se révèlent douteuses sur des points essentiels. En se fondant sur une expertise non concluante ou en renonçant à procéder aux enquêtes complémentaires requises, le juge pourrait commettre une appréciation arbitraire des preuves et violer l’art. 9 Cst. (ATF 138 III 193 consid. 4.3.1; 136 II 539 consid. 3.2).
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Autor: Nicolas Facincani
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