Das Bundesgericht (BGer) hat am 24.10.2025 einen neuen arbeitsrechtlichen Leitentscheid zur Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers veröffentlicht (Urteil 4A_221/2025 vom 11.9.2025).

Hier die Zusammenfassung dieses neuen Leitentscheids in der heutigen Medienmitteilung des BGer: „Bei einem alkoholkranken Servicetechniker, der nach einem Autounfall im betrunkenen Zustand und sofortigem Führerausweisentzug zur stationären medizinischen Suchtbehandlung eingewiesen wurde, ist von einer unverschuldeten Arbeitsverhinderung auszugehen. Seinen Arbeitgeber trifft damit eine Pflicht zur Lohnfortzahlung. Das Bundesgericht weist dessen Beschwerde ab.“

Dass eine Alkohol- oder Drogensucht heute grundsätzlich als unverschuldet betrachtet wird, erwägt das BGer in E. 2.3.1 (auszugsweise zitiert):

„Der Anspruch auf Lohnfortzahlung nach Art. 324a Abs. 1 OR setzt voraus, dass der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten oder Ausübung eines öffentlichen Amtes, ohne sein Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert ist. (…) Die Frage, ob eine Arbeitsverhinderung infolge von Alkohol- oder Drogensucht als unverschuldet zu betrachten ist, muss nach den Besonderheiten des einzelnen Falls beurteilt werden (…). Gleitet jemand über längere Zeit gleichsam unmerklich in eine immer tiefer werdende Abhängigkeit ab, ist grundsätzlich von fehlendem Verschulden auszugehen (…).“

In casu ist gemäss BGer trotz Verursachung eines Autounfalls im alkoholisierten Zustand und darauf folgender fürsorgerischer Unterbringung und stationärer medizinischer Behandlung sowie Führerausweisentzugs von einer unverschuldeten Arbeitsunfähigkeit auszugehen (E. 2.3.4, auszugsweise zitiert):

„Ohne die fortgeschrittene Alkoholsucht des Beschwerdegegners wäre es nicht zum Verkehrsunfall vom 26. September 2022 mit anschliessender fürsorgerischer Unterbringung und stationärer Behandlung des Arbeitnehmers gekommen. Der Entzug des Führerausweises änderte nichts an der bereits bestehenden Arbeitsverhinderung infolge Krankheit samt stationärer medizinischer Behandlung. Der erlittene Verkehrsunfall, die fürsorgerische Unterbringung sowie der erfolgte Entzug des Führerausweises sind allesamt als verschiedene Manifestationen ein und derselben Ursache in Form der schweren Alkoholsucht zu betrachten.“

 

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Autor: Philipp Haberbeck

 

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