Im Entscheid BGer 4A_501/2022 vom 6. November 2023 hatte sich das Bundesgericht mit der Frage zu befassen, ob eine Kündigung, die gegenüber einem angestellten Bäcker und dessen Ehefrau ausgesprochen worden war, missbräuchlich war. Die Kündigung erfolgte nachdem der Arbeitgeber die Bäckerei zunächst den Arbeitnehmern zu Kauf angeboten hatte, diese nachher aber – trotz Interesse des Arbeitnehmers und dessen Ehefrau – eine Drittpartei verkauft wurde.

Die kantonale Vorinstanz (arrêt rendu le 5 octobre 2022 par la Cour d’appel civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud (P319.052189-211721, 503) erachtete die Kündigung als missbräuchlich, das Bundesgericht aber nicht.

Dem Entscheid lag der folgende Sachverhalt zugrunde:

 

Sachverhalt

Der Arbeitnehmer war als Bäcker-Konditor auf unbestimmte Zeit ab dem 1. April 2016 angestellt.  Seine Ehefrau war ebenfalls bei dem Unternehmen angestellt. Am 13. März 2017 sprach der Verwaltungsrat und Aktionär des Unternehmens, den Arbeitnehmer und seine Frau an, ob dies im Jahr 2022 die Aktien des Unternehmens kaufen wollten bzw. sollten. Der Arbeitnehmer erklärte, dass er von diesem Vorschlag begeistert sei, dass er aber auch bereits Pläne habe, mit seiner Frau eine Bäckerei in einem anderen Ort zu eröffnen. Im Anschluss an diese Gespräche sandte der Verwaltungsrat und Aktion eine Absichtserklärung an die Ehegatten. Darin teilte er die geplanten Modalitäten für eine schrittweise Übergabe des Betriebs mit und betonte, dass die Eheleute das richtige Profil für diese Übernahme hätten. Er teilte ihnen auch seine Vision über verschiedene kurzfristige Synergien zwischen dem Unternehmen und dem Bäckereiprojekt des Arbeitnehmers mit.

Ende 2017 erlitt der Verwaltungsrat einen Schlaganfall, was den Prozess der Betriebsübernahme beschleunigte, da er nun bis Ende 2018 einen Übernehmer suchte. In diesem Sinne unternahm das Ehepaar vermehrt Schritte, um die für die Übernahme erforderliche Finanzierung zu beschaffen.

Mit E-Mail vom 24. Juli 2018 teilte der Arbeitnehmer mit, dass er Ende der folgenden Woche noch einen Termin mit dem Notar und dem Treuhänder und anschliessend mit der Bank habe, dass es „sehr gut vorangehe“ und er weiterhin hoch motiviert sei. Er teilte mit, dass er sein Bestes tun werde, um nach seiner Rückkehr aus den Ferien eine endgültige Antwort zu geben. Am 14. August 2018 bekräftigte der Verwaltungsrat seine Absicht, ihnen das Geschäft zu verkaufen.

Mit Vereinbarung vom 24. August 2018 übertrug er aber alle Anteile des Unternehmens per 1. Oktober 2018 an D.E. und E.E.. Später gab er an, dass dieses Paar ausgewählt worden war, weil es als erstes eine Bankzusage für die Übernahme des Unternehmens erhalten hatte.

Am 27. August 2018 erhielten der Arbeitnehmer und seine Frau ein Kündigungsschreiben, in dem ihr Vertrag nach Ablauf der im GAV vorgesehenen gesetzlichen Frist von zwei Monaten, d. h. zum 31. Oktober 2018, beendet wurde. Der Verwaltungsrat, der dieses Schreiben unterzeichnete, führte bestimmte Budgetschwierigkeiten sowie die Ergebnisse des Sommers 2018 an, die hinter den Erwartungen zurückblieben.

 

Entscheid der oberen kantonalen Instanz (arrêt rendu le 5 octobre 2022 par la Cour d’appel civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud (P319.052189-211721, 503)

Das kantonale Gericht stellte fest, dass die von der Arbeitgeberin angeführten wirtschaftlichen Gründe nicht nachgewiesen waren. Die Entlassung war gemäss Gericht in Wirklichkeit durch den Verkauf der Firmenanteile an ein konkurrierendes Ehepaar motiviert. Darüber hinaus hatte die Arbeitgeberin ein doppeltes Spiel gespielt. Zwar war dem Verwaltungsrat nicht untersagt, parallel zu den Verhandlungen mit dem Arbeitnehmer und dessen Fra Verhandlungen zu führen, doch die Art und Weise, wie die Kündigung ausgesprochen worden war, würde gemäss Gericht eine eklatante Missachtung des Arbeitnehmers widerspiegeln. Bis zu ihrer Entlassung hätten der Arbeitnehmer und seine Frau Schritte unternommen, um die Aktien des Unternehmens zu übernehmen, ohne dass sie von der Existenz von Konkurrenten gewusst hätten.

Nachdem sie von der Transaktion ausgeschlossen worden waren, wurden sie entlassen. Die kantonalen Richter sahen in dieser „abrupten“ Entlassung den Willen, sich der Angestellten zu entledigen, die angesichts der Übernahme durch Dritte lästig geworden waren. Die Arbeitgeberin habe dem Beklagten zu keinem Zeitpunkt die tatsächliche Situation, d.h. die Konkurrenz mit anderen Übernehmern, dargelegt, was „zur Missbräuchlichkeit der Kündigung beigetragen“ habe. Letztendlich, so die Schlussfolgerung, habe die Arbeitgeberin missbräuchlich und aus reiner persönlicher Bequemlichkeit gehandelt, indem es das legitime Interesse des Arbeitnehmers – dem kein Fehlverhalten vorgeworfen wurde – an der Beibehaltung eines Arbeitsplatzes, in den er sich seit Jahren voll eingebracht hatte, ignorierte. Der tatsächliche Grund für die Kündigung in Verbindung mit der Art und Weise, wie sie ausgesprochen wurde, machte diese gemäss der kantonalen Vorinstanz missbräuchlich.

 

Entscheid des Bundesgerichts  (BGer 4A_501/2022 vom 6. November 2023)

Das Bundesgericht ging zunächst auf die Begründung der Vorinstanz ein: Laut dem kantonalen Gericht verleihen der tatsächliche Grund der Kündigung in Verbindung mit der Art und Weise, wie sie ausgesprochen wurde, ihr einen missbräuchlichen Charakter. Diese beiden Gründe können jedoch gemäss Bundesgericht weder einzeln noch zusammengenommen dazu führen, dass die Kündigung missbräuchlich sei. Man müssen sich hier vorstellen, dass die Aktien der Gesellschaft verkauft wurden und dass die Erwerber dem Unternehmen durchaus ihre eigene Vision bzw. eine neue Strategie aufdrücken können, was mit gewissen Veränderungen einhergehe, sei es auf der Ebene der Organisation, des Personals, der Produktionstechniken und -werkzeuge oder der Produkte. Dies könne die eine oder andere Entlassung zur Folge haben.

Es sei zwar fraglich, ob die Arbeitgeberin nicht von Anfang an mit offenen Karten gespielt und erklärt habe, dass die Übernahme der Grund für ihre Entscheidung gewesen sei. Es sei jedoch zu beachten, dass die von ihr angeführten „wirtschaftlichen Umstände“ nicht unbedingt unabhängig von der Übernahme sei. Und selbst wenn es sich dabei um eine Fehleinschätzung oder übertriebene Vorsicht gehandelt habe, könne dies nicht automatisch dazu führen, dass die Kündigung missbräuchlich sei. Der wahre Grund für die Entlassung sei vollkommen legitim.

Bezüglich der Art und Weise, wie die Kündigung zugestellt wurde, sei das Kantonsgericht der Ansicht ewesen, dass die Arbeitgeberin irreführend gehandelt hat, indem sie dem Beklagten die tatsächliche Situation verschwiegen habe, nämlich dass er und seine Frau mit anderen potenziellen Käufern konkurrierten. Dem kann gemäss Bundesgericht nicht gefolgt werden. Sicherlich hätte der Aktionär des Unternehmens dem Arbeitnehmer und seiner Frau zu irgendeinem Zeitpunkt mitteilen können, dass andere Personen an einer Übernahme interessiert gewesen seien. Er hätte ihnen auch mitteilen können, dass die Transaktion kurz vor dem Abschluss stand. Es wäre jedoch zu prüfen gewesen, ob er tatsächlich verpflichtet gewesen wäre, ihnen diese Informationen zu geben. In jedem Fall würden sich diese Überlegungen auf die Übernahmegespräche beziehen und müssen von diesen drei Protagonisten geregelt werden, ggf. durch culpa in contrahendo (Schadenersatzpflicht).

Unabhängig davon, ob der Aktionär seine Pflichten im Rahmen der Übernahmeverhandlungen verletzt habe oder nicht, konnte die Gesellschaft den Arbeitsvertrag des Arbeitnehmers so kündigen, wie sie es getan hat. Im Gegensatz zu den Ausführungen des Kantonsgerichts handle es sich nicht um eine „abrupte“ Kündigung in dem Sinne, dass sie nicht sofort erfolgte, sondern die zweimonatige Kündigungsfrist des GAV sei eingehalten worden; sie kam höchstens unerwartet. Hinzu kommt, dass der Arbeitnehmer weniger als zweieinhalb Jahre beschäftigt war und zusammen mit seiner Frau eine neue Bäckerei eröffnen wollte, was er schließlich auch tat. Aus diesen Gründen sei die Kündigung nicht missbräuchlich.

E.5: En l’espèce, la cour cantonale a retenu que le motif réel du licenciement résidait dans la reprise de la société par un couple concurrent, alors que l’employeuse soutenait qu’il était lié à des circonstances – respectivement à des difficultés – économiques. Il faut observer à ce stade que ces deux motifs ne s’excluent pas l’un l’autre; au contraire, ils se recoupent partiellement. En effet, l’administrateur a déclaré lors des débats qu’avec l’arrivée des nouveaux repreneurs, les charges salariales étaient devenues trop élevées, ce qui justifiait la décision de licenciement. Selon la recourante, elle ne pouvait se permettre d’employer tant l’intimé et son épouse que le couple de repreneurs (cf. recours p. 27). C’est donc que le licenciement pourrait être fondé sur des motifs économiques liés à la reprise de la société par un autre couple. La cour cantonale n’a pas évalué le congé sous cet angle. Elle s’est limitée à écarter la thèse de difficultés financières rencontrées par la société en 2018. Quoi qu’il en soit, il n’est pas nécessaire de pousser le raisonnement plus avant, ni d’examiner si le grief d’arbitraire soulevé par le recourant à l’encontre de l’inexistence de ces difficultés financières se révèle fondé. Le sort du litige dépend d’autres considérations. 

Selon la cour cantonale, le motif réel du congé en conjonction avec la manière dont il a été signifié lui confèrent un caractère abusif. Cela étant, pris isolément ou ensemble, ces deux motifs ne permettent pas de considérer que l’employeuse a abusé de son droit en licenciant l’intimé. Il faut se représenter ici que les actions de la société ont été rachetées – cas de figure qui, soit dit en passant, exclut l’application des art. 333 ss CO (arrêts 4C.88/2001 du 26 septembre 2001 consid. 3 et 4C.247/1993 du 6 avril 1994 consid. 1b) qui ne sont d’ailleurs pas invoqués au soutien des prétentions de l’employé – et que les acquéreurs peuvent parfaitement lui imprimer leur propre vision, respectivement une nouvelle stratégie, ce qui va de pair avec certains changements que ce soit au niveau de l’organisation, du personnel, des techniques et outils de production ou des produits. Ceci peut entraîner l’un ou l’autre licenciement. En recourant à cet argument, qui n’a rien d’un prétexte, l’employeuse n’a donc pas abusé de son droit. On peut certes s’interroger sur le fait qu’elle n’ait pas joué cartes sur table d’emblée, en déclarant que c’était cette reprise qui avait motivé sa décision. Encore faut-il observer que les „circonstances économiques“ qu’elle a avancées ne sont pas nécessairement indépendantes de cette reprise. Et qu’il s’agisse là d’une erreur d’appréciation ou de prudence excessive de sa part, ceci ne saurait automatiquement imprimer un caractère abusif au licenciement. Le véritable motif sous-tendant le licenciement a été mis à jour et il s’avère parfaitement légitime. 

Quant à la manière dont le licenciement a été signifié, la Cour cantonale considère que l’employeuse a agi de manière trompeuse en cachant à l’intimé la situation réelle, à savoir que lui et son épouse se trouvaient en concurrence avec d’autres repreneurs potentiels. On ne saurait lui emboîter le pas. Certes, à un moment ou à un autre, l’actionnaire de la société aurait pu dévoiler à l’employé et à son épouse que d’autres personnes étaient intéressées au rachat. Il aurait également pu les avertir que la transaction était sur le point d’être conclue. Encore faudrait-il voir s’il était véritablement tenu de leur délivrer ces informations. En tout état de cause, ces considérations ont trait aux pourparlers de reprise et doivent être réglées par ces trois protagonistes, le cas échéant par le biais de la culpa in contrahendo. Ce ne sont pas là des éléments qui connotent le licenciement auquel la société a procédé. En d’autres termes, que l’actionnaire ait manqué ou non à ses devoirs dans le cadre des négociations de reprise, il n’empêche que la société pouvait mettre un terme au contrat de travail de l’intimé ainsi qu’elle l’a fait. Contrairement à ce que la Cour cantonale a évoqué, il ne s’agit pas d’un licenciement „abrupt“ en ce sens qu’il n’avait pas de caractère immédiat mais respectait les deux mois de préavis de la CCT; tout au plus était-il inattendu. A quoi s’ajoute que l’employé l’était depuis moins de deux ans et demi et qu’il projetait, avec son épouse, de monter une nouvelle boulangerie, projet qu’il a finalement mené à terme. Il n’y a rien dans ces circonstances qui dénote une disproportion évidente des intérêts en présence. 

Le grief de violation de l’art. 336 CO est donc fondé. 

 

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Autor: Nicolas Facincani

 

 

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