Von einer Sozialfrist spricht man, wenn eine fristlose Entlassung nicht mit sofortiger Wirkung, sondern mit einer Frist ausgesprochen wird, wobei diese Frist kürzer als die ordentliche Kündigungsfrist ist. Zum Teil wird die Einräumung einer Sozialfrist trotz fristloser Kündigung als Angebot einer befristeten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses angesehen, welches der Gekündigte nicht anzunehmen braucht und stattdessen auf der sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses bestehen kann. Dabei ist davon auszugehen, dass die tatsächliche Weiterbeschäftigung im Rahmen einer Sozialfrist nach einer fristlosen Kündigung dem Gekündigten nicht gegen seinen Willen aufgezwungen werden darf.

 

Widerspruch zur fristlosen Kündigung

Das Einräumen einer Sozialfrist steht in einem gewissen Widerspruch zur fristlosen Kündigung. Diese ist nämlich nur gerechtfertigt, wenn dem Kündigenden die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses wegen einem wichtigen Grund nicht mehr zugemutet werden kann. Räumt dieser der anderen Vertragspartei eine Sozialfrist ein, besteht das Risiko, dass daraus ein Argument gegen die Unzumutbarkeit der Fortführung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist abgeleitet wird.

 

Ansichten / Meinungen

Das Bundesgericht hat in BGE 140 I 320 ff., E. 7 die verschiedenen Ansichten zusammengefasst:

Die Lehre äussert sich zur Zulässigkeit bzw. den Voraussetzungen für die Gewährung einer Sozialfrist im Kontext mit der fristlosen Entlassung im Arbeitsvertragsrecht (Art. 337 OR). MANFRED REHBINDER (Berner Kommentar, 1992, N. 19 zu Art. 337 OR) hält die Gewährung der Sozialfrist für zulässig, verlangt aber, dass der Kündigende erkennbar erklärt, dass er ausserordentlich kündigen will; die Sozialfrist dürfe nicht die Frist für eine ordentliche Kündigung erreichen. SUBILIA/DUC (Droit du travail, 2. Aufl. 2010, N. 36 zu Art. 337 OR) schliessen sich der Ansicht von REHBINDER an. VISCHER/MÜLLER (Der Arbeitsvertrag, 4. Aufl. 2014, S. 349 § 24 Rz. 168) halten eine Schonfrist für beachtlich, sofern in der Gewährung dieser Frist nicht zum Ausdruck komme, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht unzumutbar sei. STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH (Arbeitsvertrag, 7. Aufl. 2012, N. 14 zu Art. 337 OR) erachten die Gewährung der Frist hingegen für unzulässig, da damit zum Ausdruck gebracht werde, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei zumutbar und es sei demnach gar kein Grund für eine fristlose Kündigung gegeben. Dem hält WOLFGANG PORTMANN (in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 5. Aufl. 2011, N. 7 zu Art. 337 OR) entgegen, die Einräumung einer Sozialfrist erfolge ausschliesslich im Interesse des Gekündeten und entspreche dem Grundsatz „in maiore minus“: Wenn eine fristlose Entlassung möglich sei, müsse dies auch für eine mildere Massnahme gelten. Auch ADRIAN STAEHELIN (in: Zürcher Kommentar, 4. Aufl. 2014, N. 40 zu Art. 337 OR) hält die Gewährung einer Sozialfrist im Interesse des Gekündigten für zulässig. FRANK EMMEL (in: Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2. Aufl. 2012, N. 1 zu Art. 337 OR) geht von der Zulässigkeit der Gewährung einer Sozialfrist aus, sofern darin ein Entgegenkommen für die gekündigte Partei liegt.

Farner lehnt in einem neueren Beitrag die Sozialfrist mit folgender Begründung ab:

Der Grundsatz «a maiore ad minus» kann schon deshalb keine Rechtfertigung für eine Sozialfrist abgeben, weil diese Frist bei gleichzeitiger Arbeitspflicht des Arbeitnehmers nicht ein minus darstellt, sondern eben auch ein plus, weil der Arbeitnehmer auch nach Ausspruch der fristlosen Entlassung weiter arbeiten soll. […] Wieso man ihn dann trotz Unzumutbarkeit der Weiterführung des Arbeitsverhältnisses mit eben diesen Schülerinnen zwei Monate weiter arbeiten lässt, ist nicht einleuchtend und nährt den Verdacht, dass die Anstellungsbehörde auch die Schwierigkeit, einen neuen Sportlehrer zu finden, in ihr Kalkül miteinbezogen hat. Damit ist auch das bundesgerichtliche Argument relativiert, die Sozialfrist liege im Interesse des Arbeitnehmers [Farner, in: Fachhandbuch Arbeitsrecht, 12.67].

Die Sozialfrist unterläuft die ordentliche Kündigungsfrist, denn das Bundesgericht fordert, dass die Sozialfrist kürzer sein müsse als die ordentliche Kündigungsfrist. Damit kann ein Arbeitgeber die Vorteile der fristlosen Entlassung und einer verkürzten Kündigungsfrist kombinieren [Farner, in: Fachhandbuch Arbeitsrecht, 12.69].

 

Das Bundesgericht zur Sozialfrist bei privaten Arbeitsverhältnissen

Das Bundesgericht hielt in BGer 4C.174/2003 vom 27. Oktober 2003 für das private Arbeitsverhältnis die Möglichkeit einer solchen Sozialfrist fest, sofern sie kürzer sei als die ordentliche Kündigungsfrist und im Interesse des Gekündigten liege. Die fristlose Entlassung wurde hier aber nicht geschützt:

3.2.1 La résiliation du contrat de travail, qui constitue l’exercice d’un droit formateur, est une déclaration unilatérale de volonté par laquelle une partie met fin au contrat; elle n’est soumise à aucune forme particulière (cf. Rémy Wyler, Droit du travail, chap. 9, ch. 2.1, p. 325; Manfred Rehbinder, Commentaire bernois, n. 1 et n. 5 ad art. 335 CO).

L’art. 337 al. 1, 1e phrase, CO prévoit que chaque partie contractante peut résilier le contrat abruptement en tout temps en se prévalant de justes motifs. Un tel congé extraordinaire est en principe donné sans délai, en ce sens que la relation de travail prend fin au moment où la résiliation a été reçue par le destinataire (Adrian Staehelin, Commentaire zurichois, n. 37 ad art. 337 CO).

La doctrine moderne est cependant d’avis que la partie qui résilie le contrat pour justes motifs peut accorder un délai à caractère social (Sozialfrist) à l’autre partie avant que se terminent les rapports de travail. Cette forme de résiliation, qui est qualifiée de congé prématuré (vorzeitige Kündigung), n’est admissible que si la continuation de la relation contractuelle est dans l’intérêt de celui qui a reçu le congé – auquel est octroyée en quelque sorte une forme de compensation au licenciement dont il a été l’objet -, et non pas si elle est exclusivement dans l’intérêt de la partie qui a donné le congé (cf. sur cette problématique: Staehelin, op. cit., n. 40 ad art. 337 CO; Manfred Rehbinder/Wolfgang Portmann, Commentaire bâlois, 3e éd., n. 6 ad art. 337 CO; Rehbinder, op. cit., n. 19 ad art. 337 CO).

3.2.2 Il résulte de l’état de fait déterminant (art. 63 al. 2 OJ) que le dimanche 3 novembre 1996 le défendeur a informé par téléphone la demanderesse qu’elle devait cesser toute activité dans son cabinet à compter du 7 novembre 1996 au soir. C’est donc oralement que le dimanche en question B.________ a résilié le contrat de A.________, et non par lettre du 3 novembre 1996, ainsi que l’a retenu la cour cantonale, l’écriture en cause devant être considérée comme la communication par écrit des motifs du congé abrupt (cf. art. 337 al. 1, 2e phrase, CO)

Le défendeur a donné son congé à la salariée le 3 novembre 1996 pour le 7 novembre 1996. Il n’apparaît pourtant pas que l’employeur ait entendu accorder un délai social à la demanderesse, dès l’instant où le report de l’effet du congé immédiat n’était pas dans l’intérêt de celle-ci – elle avait commencé de collaborer avec le Dr D.________ le 1er novembre 1996 – mais bien dans celui du défendeur, qui escomptait que A.________ informât pendant ces quelques jours les patients dont elle avait la charge qu’ils allaient devoir changer de thérapeute en cours de traitement. Dans un tel contexte, on peut très sérieusement douter que la confiance qu’impliquent les rapports de travail ait été à ce point ébranlée le 3 novembre 1996 que la poursuite de la relation contractuelle ne pouvait pas être exigée jusqu’au 23 décembre 1996, terme convenu du contrat de travail. La question souffre de rester indécise, du moment que les considérants suivants démontreront que le licenciement immédiat n’était pas justifié.

 

Das Bundesgericht zur Sozialfrist im öffentlichen Personalrecht

Im Entscheid BGE 140 I 320 ff. sprach sich das Bundesgericht für die Zulässigkeit der Einräumung einer Sozialfrist im Rahmen von fristlosen Kündigungen im öffentlichen Personalrecht aus. Die Sozialfrist wurde dann als zulässig erachtet, wenn Gründe für eine fristlose Entlassung ausgewiesen sind, die Frist für die ordentliche Kündigung klar unterschritten wird und keine Verletzung öffentlicher Interessen gegeben ist und die Gewährung der Sozialfrist in erster Linie im Interesse des Dienstnehmers liegt.

7.4 Insgesamt sprechen keine Gründe gegen die grundsätzliche Zulässigkeit einer Sozialfrist. Sind die Voraussetzungen für eine fristlose Entlassung gegeben und wäre eine sofortige Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtmässig, ist nicht einzusehen, weshalb ein Entgegenkommen unstatthaft sein soll. Praktisch gesehen entspricht es den Interessen des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitgeber für ein solches Entgegenkommen nicht abgestraft wird. Sozial sein sollte nicht schaden (vgl. MERKER/DOLD, Kurze Reaktionszeit für fristlose Kündigung, Zeitschrift des Zentralverbandes Öffentliches Personal Schweiz [ZVinfo] September 2007 S. 12).

7.5 Mit der Gewährung einer solchen Frist wird die fristlose Entlassung abgefedert. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass die Unterscheidung zwischen ordentlicher und ausserordentlicher Kündigung relativiert oder gar unklar wird. Es sind daher die Voraussetzungen zu prüfen, unter welchen eine solche Frist rechtmässig erscheint.

7.5.1 Die Überlegung, dass die Sozialfrist die Länge der ordentlichen Kündigungsfrist nicht erreichen darf, erweist sich selbstredend auch im öffentlichen Personalrecht als zutreffend: Es wäre widersprüchlich anzunehmen, die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist sei dem Arbeitgeber nicht mehr zuzumuten, indessen dürfe dem Arbeitnehmer eine gleich lange Zeitdauer bis zum Weggang aus sozialen Gründen zugebilligt werden. Dadurch würde der wichtige Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einer Weise relativiert, welche der ratio legis einer fristlosen Entlassung widerspricht.

7.5.2 Ähnliches gilt für die Erwägung, die Gewährung einer Sozialfrist sei dann unzulässig, wenn sie einzig oder vorwiegend dem Interesse des Arbeitgebers diene. Allerdings kann im öffentlichen Personalrecht nicht vom (privaten) Interesse des Arbeitgebers gesprochen werden. An dessen Stelle tritt das öffentliche Interesse, dem grundsätzlich jedes staatliche Handeln unterworfen ist. Diesem Interesse darf die Gewährung einer Sozialfrist nicht widersprechen. Dies träfe etwa dann zu, wenn sie einzig dazu diente, die zur fristlosen Kündigung führenden Gründe, die allenfalls auch den Arbeitgeber in einem ungünstigen Licht erscheinen lassen könnten, durch Stillschweigen der öffentlichen Meinungsbildung bzw. Kritik zu entziehen. Ebenso dürfte sich die Gewährung einer Sozialfrist verbieten, wenn von einer Weiterbeschäftigung eine erhebliche Gefährdung Dritter oder des Gemeinwohles ausginge oder ein rechtskonformes Verwaltungshandeln bzw. eine Dienstleistung nicht sichergestellt werden könnte.

7.5.3 Vielmehr muss die Sozialfrist im primären Interesse des Mitarbeiters, der Anlass zur fristlosen Auflösung des Arbeitsverhältnisses geboten hat, stehen. Sie wird aus sozialen Gründen etwa dann gewährt werden können, wenn die persönliche Situation für eine betroffene Person besonders schwierig ist und angenommen werden darf, sie finde dank der eingeräumten Frist eher wieder eine Anstellung.

 

Kantonaler Entscheid – Tribunal Cantonal des Kantons Waadt

Das Tribunal Cantonal des Kantons Waadt hat sich in einem konkreten Fall gegen die Zulässigkeit einer Sozialfrist entschieden. So hat es hat mit Entscheid vom 18. September 2013 die Gewährung einer Sozialfrist mit der Begründung abgelehnt, dass die Sozialfrist vor allem dem Arbeitgeber genützt habe (Entscheid TC VD vom 18. September 2013, JAR 2014, 508).

 

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Autor: Nicolas Facincani