Im Entscheid BGer 8C_116/2021 vom 8. Juni 2021 hatte sich das Bundesgericht mit einer fristlosen Entlassung eines Mitarbeiters der kantonalen Verwaltung auseinanderzusetzen (fristlose Kündigung nach kant. Personalgesetz).

Das angefochtene Urteil stützt sich auf das Personalgesetz des Kantons Zürich vom 27. September 1998 (PG; LS 177.10). Gemäss § 22 Abs. 1 Satz 1 PG kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigen Gründen beidseits ohne Einhaltung von Fristen jederzeit aufgelöst werden. Als wichtiger Grund gilt dabei jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zumutbar ist (§ 22 Abs. 2 PG). § 22 Abs. 4 Satz 1 PG verweist sodann betreffend Tatbestand und Rechtsfolgen der fristlosen Auflösung ergänzend auf die Bestimmungen des Obligationenrechts. Art. 337 ff. OR regeln die fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses, wobei Art. 337 Abs. 2 OR als wichtigen Grund ebenfalls namentlich jeden Umstand vorsieht, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf.

Die obligationenrechtliche Regelung gelangt gestützt auf § 20 Abs. 1 Satz und § 22 Abs. 4 Satz 1 PG als ergänzendes kantonales Recht zur Anwendung. Sie gilt demnach nicht als Bundesprivatrecht, sondern als subsidiäres Recht des Kantons mit den bereits dargelegten kognitionsrechtlichen Folgen (E. 2.2; Urteile 8C_492/2020 vom 19. Februar 2021 E. 4.2 und 8C_299/2016 vom 24. Oktober 2016 E. 3.3).

 

Sachverhalt

Dem Entscheid BGer 8C_116/2021 vom 8. Juni 2021 lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der 1996 geborene Mitarbeiter seit 1. Januar 2018 zu 100 % als Verwaltungssekretär beim Staat Zürich (nachfolgend Arbeitgeber). Vom 15. Juli 2019 bis 18. Oktober 2019 leistete er Zivildienst. Am 10. September 2019 teilte er seinem Vorgesetzten ohne vorherige Rücksprache mit, dass er seinen Zivildienst um zwei weitere Einsätze vom 21. Oktober 2019 bis 17. Januar 2020 und vom 20. Januar 2020 bis 17. April 2020 verlängert habe. Mit Verfügung vom 19. November 2019 löste der Arbeitgeber das Anstellungsverhältnis dem Mitarbeiter fristlos auf.

Aktenkundig war, dass der Mitarbeiter bis Ende 2020 einen langen Zivildiensteinsatz geleistet haben musste (Art. 37 Abs. 1 ZDV), was ihm in zwei Teilen innerhalb von zwei Kalenderjahren möglich war (Art. 37 Abs. 3 ZDV). Dies war dem Arbeitgeber gemäss Schreiben des Mitarbeiters vom 14. März 2018 bekannt. Am 1. Februar 2019 meldete ihm der Mitarbeiter, dass er auf der Suche nach Zivildienstzeiten für je 3 Monate von Juli bis September 2019 und 2020 sei. Schliesslich wurde er vom 15. Juli bis 18. Oktober 2019 (96 Tage) für den Zivildienst aufgeboten (Verfügung vom 20. März 2019). Am 4. September 2019 ergingen Verfügungen betreffend das Aufgebot für den weiteren Zivildienst vom 21. Oktober 2019 bis 17. Januar 2020 und vom 20. Januar 2020 bis 17. April 2020 (je 89 Tage). Über diese weiteren Zivildienstaufgebote unterrichtete der Mitarbeiter den Arbeitgeber am 10. September 2019.

 

Begründung der fristlosen Kündigung durch die Vorinstanz

Die Vorinstanz (d.h. das kant. Verwaltungsgericht) erwog im Wesentlichen, zivildienstpflichtige Personen würden ihre Einsätze selber planen und könnten insbesondere den Zeitpunkt ihrer Dienstleistungen im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben und der tatsächlichen Möglichkeiten frei wählen. Somit sei der Mitarbeiter verpflichtet gewesen, den Zeitpunkt seines nächsten Zivildiensteinsatzes bereits während der Suche eines Einsatzbetriebs dem Arbeitgeber zu melden. Mit der erst am 10. September 2019, mithin nach erhaltenem Aufgebot durch die zuständige Vollzugstelle erfolgten Kundgabe der Dienstverlängerung habe er seine Informationspflicht nach § 114 VVO (Vollzugsverordnung zum Personalgesetz) verletzt. Der Arbeitgeber, der den Mitarbeiter am 4. und 31 Oktober 2019 zur Verschiebung der weiteren Zivildiensteinsätze aufgefordert habe, habe bei seiner Planung davon ausgehen dürfen, dass dieser nach seinem Dienst am 21. Oktober 2019 wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehre. Dass er die Ausdehnung der Abwesenheit von drei auf neun Monate als erhebliche Störung seines Geschäftsgangs erachtet habe, sei aufgrund des damit verbundenen organisatorischen und finanziellen Mehraufwands nachvollziehbar. Damit seien seine Aufforderungen zur Verschiebung der neu vereinbarten Zivildiensteinsätze begründet gewesen. Der Arbeitnehmer wäre zu einem solchen Gesuch gemäss § 114 VVO gehalten gewesen – dies zumindest bezüglich des Einsatzes vom 20. Januar bis 17. April 2020 -, worüber das Bundesamt für Zivildienst zu befinden gehabt hätte (Art. 46 Abs. 3 lit. e ZDV [Zivildienstverordnung]). Er hätte ebenso auf die wiederholten Bemühungen des Arbeitgebers um ein persönliches Gespräch eingehen müssen, ungeachtet dessen, dass er seine fehlende Bereitschaft zur Dienstverschiebung mit E-Mail vom 19. September 2019 dargelegt habe. Mit seiner diesbezüglichen wiederholten Weigerung habe er seine Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber schwer verletzt und zum Ausdruck gebracht, an einer konstruktiven Lösung nicht interessiert gewesen zu sein. Daran ändere auch nichts, dass er durch die Zivildienstleistung zeitlich beansprucht gewesen sei. Da sein Arbeitsverhältnis damals erst eineinhalb Jahre gedauert habe, sei sein Verhalten geeignet gewesen, das Vertrauensverhältnis nachhaltig zu zerstören.

Zusammenfassend hielt das kantonale Verwaltungsgericht fest, der Mitarbeiter habe mehrere Pflichtverletzungen begangen, wovon insbesondere die mehrfache Gesprächsverweigerung schwer wiege. Seine Weiterbeschäftigung sei dem Arbeitgeber somit nicht mehr zumutbar gewesen. Mithin sei die verspätete Meldung der Zivildienstaufgebote am 10. September 2019 nicht für sich allein ausschlaggebend für die fristlose Kündigung gewesen. Erst am 10. November 2019 habe der Arbeitgeber gewusst, dass der Mitarbeiter sich trotz mehrfacher Aufforderung erneut weigern würde, ein Dienstverschiebungsgesuch einzureichen. Drei Tage später sei das rechtliche Gehör zur fristlosen Entlassung gewährt und bereits ein Tag nach unbenutztem Ablauf der Frist – mithin unverzüglich – die fristlose Entlassung ausgesprochen worden. Dabei habe der Arbeitgeber auf eine Bewährungsfrist verzichten dürfen, wie er auch zu einem Verweis nicht gehalten gewesen sei. Der Arbeitnehmer sei mehrfach abgemahnt worden, was jedoch keine Verhaltensänderung bewirkt habe. Somit sei die fristlose Kündigung nach kant. Personalgesetz auch verhältnismässig gewesen.

 

Entscheid des Bundesgerichts

Das Bundesgericht schützte den Entscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts und lehnte insbesondere die folgenden Rügen des Mitarbeiters ab:

  • Der Beschwerdeführer rügte eine falsche Anwendung von Art. 44 und Art. 46 ZDV sowie von § 114 VVO, was vom Bundesgericht abgelehnt wurde (Erw. 6).
  • Die vorinstanzliche Annahme, dass eine Melde- oder Informationspflicht des Angestellten gegenüber dem Arbeitgeber bereits vor Festlegung des Zivildiensteinsatzes bestand, lässt sich entgegen dem Beschwerdeführer willkürfrei auf § 114 VVO abstützen (Erw. 7).
  • Der Mitarbeiter wendete ein, er habe bereits im Rekursverfahren darauf hingewiesen, den Arbeitgeber über die schwierige Suche nach einem Zivildienst-Einsatzbetrieb, seine Absichten über die zeitliche Verteilung der Dienste und die konkreten Diensteinsätze gemäss den Aufgeboten des Bundesamtes für Zivildienst informiert zu haben. Dabei habe er auch erwähnt, es sei seitens des Arbeitgebers nicht geltend gemacht worden, dass diese Informationen früher hätten erfolgen können. Vielmehr habe der Arbeitgeber diesen Aussagen nicht widersprochen. Zudem habe er beschwerdeweise im kantonalen Verfahren vorgebracht, die Verfügungen des Amtes für Zivildienst vom 4. September 2019, mit denen seine Zivildienstzeiten endgültig festgelegt worden seien, dem Beschwerdegegner am 10. September 2019 pflichtgemäss mitgeteilt zu haben. Die Vorinstanz habe diese Rüge ignoriert und ihm unterstellt, er hätte früher informieren können. Dies, obwohl der von ihm dargestellte Sachverhalt unbestritten gewesen sei. Damit habe das kantonale Gericht den Sachverhalt willkürlich festgestellt und seinen Gehörsanspruch verletzt, zumal es in dieser Hinsicht keine Abklärungen vorgenommen habe. Auch dies wurde vom Bundesgericht verneint (Erw. 8).
  • Der Arbeitnehmer wendete zudem ein, er sei nicht verpflichtet gewesen, betreffend den Zivildienst ein Verschiebungsgesuch zu stellen. Eine diesbezügliche Gehörsverletzung sowie die willkürliche Feststellung des Sachverhalt wurden vom Bundesgericht verneint (Erw. 9).
  • Der Mitarbeiter machte weiter geltend, § 114 VVO sei bundesrechtswidrig angewendet worden, was vom Bundesgericht ebenfalls verneint wurde (Erw. 10).

Zusammenfassend kam das Bundesgericht zum Schluss, dass das kantonale Gericht kein Bundesrecht verletzt hatte, indem es die fristlose Entlassung des Mitarbeiters schützte.

 

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Autor: Nicolas Facincani

 

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