Im Falle einer ungerechtfertigten fristlosen Entlassung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber, hat der Arbeitnehmer die folgenden monetären Ansprüche (siehe hierzu etwa Etter/Stucky, in: Etter/Facincani/Sutter, Arbeitsvertrag, Art. 337c N 1 ff.):

  • Schadenersatz des Arbeitnehmers nach Art. 337c Abs. 1 OR
  • Entschädigung (Art. 337c Abs. 3 OR) bis 6 Monatslöhne, wobei die Entschädigung nach freiem Ermessen und unter Würdigung aller Umstände bestimmt wird.

Der Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers (Art. 337c Abs. 1 OR) wird wie folgt bestimmt:

  • Entgangener Lohn (inklusive Bonusanteil, Umsatzbeteiligung, Provisionen, Abgeltung von Ferien etc.) bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist bzw. bis zum Ablauf des befristeten Arbeitsverhältnisses
  • Der Arbeitnehmer unterliegt dabei einer Anrechnungspflicht für Einsparungen und für anderweitig erworbenen oder absichtlich unterlassenen Verdienst im Zusammenhang mit der erfolgten fristlosen Kündigung (Art. 337c Abs. 2 OR).

 

Fälligkeit von Forderungen bei ordentlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Gemäss Art. 339 Abs. 1 OR werden bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses alles Forderungen aus dem Arbeitsverhältnisses fällig und sind ab diesem Zeitpunkt zu verzinsen. Für Provisionsforderungen auf Geschäften, die ganz oder teilweise nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfüllt werden, kann durch schriftliche Abrede die Fälligkeit hinausgeschoben werden, jedoch in der Regel nicht mehr als sechs Monate, bei Geschäften mit gestaffelter Erfüllung nicht mehr als ein Jahr und bei Versicherungsverträgen sowie Geschäften, deren Durchführung mehr als ein halbes Jahr erfordert, nicht mehr als zwei Jahre.

Die Forderung auf einen Anteil am Geschäftsergebnis wird fällig, sobald dieser feststeht, spätestens jedoch sechs Monate nach Ablauf des Geschäftsjahres.

 

Fälligkeit von Forderungen bei fristloser Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Die vorgenannten Ausführungen gelten grundsätzlich auch im Zusammenhang mit Forderungen gestützt auf Art. 337c OR. Auch für diese gilt Art. 339 OR, d.h. die Forderungen sind ab dem Zeitpunkt der fristlosen Entlassung fällig und zu verzinsen.

 

Fälligkeit und Verzinsung von Gewinnanteilen bei fristloser Entlassung

Im Entscheid BGer 4A_126/2021 vom 5. Juli 2021 hatte sich das Bundesgericht mit der Frage zu befassen, ab welchem Zeitpunkt der Ersatz für Gewinnanteile, welche im Zeitpunkt der fristlosen Entlassung noch gar nicht fällig sind, und aufgrund von Art. 337c Abs. 1 OR im Rahmendes Schadenersatzes zu entschädigen sind zu verzinsen sind.

Das Obergericht des Kantons Zürich hielt mit Entscheid LA200017 vom 19. Januar 2021 fest: Entlasse der Arbeitgeber den Arbeitnehmer fristlos ohne wichtigen Grund, so habe dieser Anspruch auf Ersatz dessen, was er verdient hätte, wenn das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfrist oder durch Ablauf der bestimmten Vertragszeit beendigt worden wäre (Art. 337c Abs. 1 OR). Dazu gehörten auch vereinbarte Anteile an (zukünftigen) Geschäftsergebnissen. Gemäss Art. 339 Abs. 1 OR würden Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis grundsätzlich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig, also im Zeitpunkt der fristlosen Kündigung. Gemäss Art. 339 Abs. 3 (in Verbindung mit Art. 323 Abs. 3) OR gelte allerdings für Forderungen auf einen Anteil am Geschäftsergebnis eine Ausnahme. Diese würden erst fällig, sobald das Geschäftsergebnis festgestellt sei, spätestens jedoch sechs Monate nach Ablauf des Geschäftsjahrs. (Erst) ab diesem Zeitpunkt sei die Forderung zu verzinsen. 

Der Arbeitnehmer war hingegen der Ansicht, auch dieser Anspruch sei ab dem Zeitpunkt der fristlosen Entlassung geschuldet.

 

Das Bundesgericht schützte den Entscheid des Zürcher Obergerichts (E. 4.4):

Die Erwägungen der Vorinstanz sind nicht zu beanstanden. Das Bundesgericht hat in der Tat – und anders, als der Beschwerdeführer meint – entschieden, dass sich die Fälligkeit und damit der Beginn der Verzinsung auch der Entschädigungsansprüche aufgrund ungerechtfertigter fristloser Entlassung im Sinne von Art. 337c OR nach den Regeln von Art. 339 OR richtet (Urteile 4A_474/2010 vom 12. Januar 2011 E. 2.2.2; 4C.414/2005 vom 29. März 2006 E. 6; vgl. ferner BGE 103 II 274 E. 3b S. 275 und Urteil 4C.2/2003 vom 25. März 2003 E. 10.3; aus der Doktrin – statt vieler – STREIFF/VON KAENEL/RUDOLPH, Arbeitsvertrag, 7. Aufl. 2012, N. 3 zu Art. 337c OR und N. 2 zu Art. 339 OR).  

Soweit in der Lehre abweichende Meinungen vertreten werden, sind sie für den Beschwerdeführer ungünstig. Es wird namentlich eine Abzinsung („Diskontierung“) jener Forderungen vorgeschlagen, die wegen Art. 339 OR bereits jetzt fällig, aber bei ungekündigtem Vertragsverhältnis erst in Zukunft geschuldet gewesen wären (so GABRIEL AUBERT, in: Commentaire romand, Code des obligations I, 2. Aufl. 2012, N. 5 zu Art. 337c OR). 

Jedenfalls hält Art. 339 Abs. 3 OR fest, dass im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Forderung auf einen Anteil am Geschäftsergebnis nach Massgabe von Art. 323 Abs. 3 OR fällig wird. Diese Bestimmung wiederum sieht vor, dass der Anteil am Geschäftsergebnis auszurichten ist, sobald dieses festgestellt ist, spätestens jedoch sechs Monate nach Ablauf des Geschäftsjahrs. Dies hat denn auch die Vorinstanz ihren Überlegungen zugrunde gelegt und erscheint ohne Weiteres sachgerecht, da das Ergebnis des Geschäftsjahrs und damit die Höhe des (behaupteten) Anspruchs des Arbeitnehmers im Vertragsbeendigungszeitpunkt noch gar nicht bekannt ist (Urteil 4A_45/2017 vom 27. Juni 2017 E. 6.2, nicht publiziert in: BGE 143 III 480). Für den davor liegenden Zeitraum (das heisst für die Zeit vor Fälligkeit) sind entsprechend keine Zinsen zu bezahlen. 

Der Beschwerdeführer legt nicht nachvollziehbar dar, weshalb diese (insoweit klaren) Bestimmungen und die darauf beruhende bundesgerichtliche Rechtsprechung nicht anwendbar sein sollen. Er bringt im Wesentlichen vor, der Zins sei nach allgemeinen Regeln „vom Zeitpunkt an geschuldet, in welchem sich das schädigende Ereignis finanziell auswirkt“. Dies spricht allerdings gerade gegen seine These, wäre ihm der Anteil am Geschäftsergebnis bei ungekündigtem Arbeitsverhältnis doch auch erst nach Ablauf des jeweiligen Geschäftsjahrs (gemäss der Regel in Art. 323 Abs. 3 OR) ausbezahlt worden. Auch seine Behauptung, beim hier in Frage stehenden Zins handle es sich um Schadens- und nicht um Verzugszins, hilft ihm nicht (vgl. zur Bedeutung der Unterscheidung: BGE 131 III 12 E. 9.1).

 

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Autor: Nicolas Facincani

 

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