Nach Art. 337 OR können Arbeitnehmer und Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigen Gründen jederzeit fristlos auflösen. Die fristlose Entlassung kann jederzeit ausgesprochen werden. Als wichtiger Grund gilt jeder Umstand, bei dessen Vorhandensein dem Kündigenden nach Treu und Glauben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden darf.
Nach der Rechtsprechung ist eine fristlose Entlassung ist nur bei besonders schweren Verfehlungen des Arbeitnehmers gerechtfertigt, welche:
- objektiv geeignet sind, die für das Arbeitsverhältnis wesentliche Vertrauensgrundlage zu zerstören oder zumindest so tiefgreifend zu erschüttern, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zuzumuten ist, und
- auch tatsächlich zu einer derartigen Zerstörung oder Erschütterung des gegenseitigen Vertrauens geführt haben.
Ist die fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer gerechtfertigt, liegt also ein Grund vor, der die Fortführung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitnehmer unzumutbar macht, treten die folgenden Rechtsfolgen ein:
- Sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
- Der Lohnanspruch endet mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
- Nicht bezogene Ferien, Ansprüche aus Überstunden und andere Ansprüche der Parteien sind zu entschädigen.
- Schadenersatz des Kündigenden für alle Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis (Art. 337b Abs. 1 OR), die dadurch entstehen, dass das Arbeitsverhältnis fristlos beendet wurde.
Kündigungsgründe
Fristlose Kündigungen durch Arbeitnehmer sind weit weniger verbreitet als solche durch den Arbeitgeber. Als Kündigungsgründe kommen etwa in Betracht:
- Schwere Verletzung der Fürsorgepflicht. Darunter fallen auch schwere Fälle von Mobbing, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen;
- Rückstand der Lohnzahlung über längere Zeit und trotz Fristansetzung durch den Arbeitnehmer;
- Für den Arbeitnehmer ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar, wenn die Arbeitgeberin die von ihm innehabende Position unilateral und unerwartet ändert, ohne dass diese Änderung aufgrund der Unternehmensbedürfnisse, er Arbeitsorganisation oder Verfehlungen seitens des Arbeitnehmers erfolgen würde (Urteil des Bundesgerichts 4A_595/2018 vom 22.1.2020, E. 3.1., m.w.H.).
Fristlose Entlassung wegen Lohnausstand
Wird ein Arbeitgeber zahlungsunfähig, und werden die Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers nicht inner angemessener Frist sichergestellt, so kann der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen (Art. 337a OR). Durch diese Regelung der fristlosen Kündigung werden die künftigen, noch nicht fälligen Löhne sichergestellt. Dabei beträgt die Frist zur Sicherstellung mind. 3 Tage, in Spezialfällen 10 Tage.
Damit ein Arbeitnehmer aber fristlos kündigen darf, ist zudem die dauerhafte Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nötig. Bloss vorübergehende Liquidätsengpässe reichen nicht, um das Kündigungsrecht zu begründen. Hingegen braucht die fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer nicht angedroht zu werden, was aber in der Praxis aber dennoch gemacht wird.
Fristlose Kündigung gestützt auf Art. 337 OR
Liegen die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nach Art. 337a OR nicht vor (oder können sie nicht bewiesen werden), kann unter Umständen eine Kündigung nach Art. 337 OR gerechtfertigt sein. Im Zusammenhang mit ausstehenden Lohnzahlungen ist eine fristlose Kündigung unter Umständen dann möglich, wenn sich der Arbeitgeber weigert, den Lohn trotz Mahnung auszuzahlen (eine weitere Möglichkeit bestünde etwa auch in der Niederlegung der Arbeit nach Art. 82 OR).
Das Arbeitsgericht Zürich hatte sich mit einem solchen Fall einer fristlosen Kündigung auseinanderzusetzen, hat im konkreten Fall aber das Vorliegen der notwendigen Voraussetzungen für die gerechtfertigte fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer verneint.
Entscheid des Arbeitsgerichts Zürich (Entscheid Nr. 16 2017)
Im konkreten Entscheid des Arbeitsgerichts Zürich wurde der Lohn für den Januar 2016 nicht ausbezahlt, jedoch wurde war im Kündigungszeitpunkt aufgrund eines Teilbetrages nicht ein ganzer Lohn ausstehend. Der Arbeitnehmer setzte dem Arbeitgeber Frist bis am 8. Februar zur Bezahlung des Lohnes und kündigte drei Tage danach fristlos das Arbeitsverhältnis, obgleich der Arbeitgeber die Zahlungswilligkeit mehrfach angezeigt hatte, wies aber auf bestehende Liquiditätsprobleme hin. Vor dem Januarlohn wurde auch der Dezemberlohn erst am 12. Januar 2016 aus, obwohl der Lohn mangels anderer Vereinbarung bereits Ende des Monats fällig gewesen wäre (Art. 323 Abs. 1 OR). Im Kündigungszeitpunkt befand sich der Arbeitnehmer bereits im gekündigten Zustand, der Arbeitsvertrag wurde zuvor durch den Arbeitgeber per 31. Juli 2016 gekündigt.
Beurteilung des Einzelfalls
Das Bundesgericht machte etwa im Entscheid 4D_12/2019 vom 12. Juni 2019Ausführungen dazu, welche Faktoren zu beurteilen sind und wie es vorgeht, um festzustellen, ob eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist oder nicht.
(Übersetzt aus dem Französischen)
Der Richter kann nach den des Rechts und der Billigkeit entscheiden, ob die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund erfolgt (Art. 337 Abs. 3 OR). Zu diesem Zweck berücksichtigt er alle Elemente des Einzelfalls, insbesondere die Stellung des Arbeitnehmers, die Art und Dauer des Vertragsverhältnisses sowie Art und Umfang der Verstösse. Das Bundesgericht überprüft eine durch die obere kantonal Instanz getroffene Entscheidung nur eingeschränkt. Das Bundesgericht greift nur ein ein, wenn die Entscheidung ungerechtfertigterweise von den Regeln der Lehre und Rechtsprechung im Bereich der freien Beurteilung/Würdigung abweicht, wenn sie auf Tatsachen beruht, die im konkreten Fall keine Rolle hätten spielen sollen, oder wenn sie Elemente ignoriert, die absolut hätten berücksichtigt werden sollen; darüber hinaus korrigiert das Bundesgericht getroffene Entscheidungen, wenn sie zu einem offensichtlich unlauteren Ergebnis oder einer schockierenden Ungerechtigkeit führen.
Le juge apprécie librement, au regard des principes du droit et de l’équité déterminants selon l’art. 4 CC, si le congé abrupt répond à de justes motifs (art. 337 al. 3 CO). A cette fin, il prend en considération tous les éléments du cas particulier, notamment la position du travailleur, la nature et la durée des rapports contractuels, et la nature et l’importance des manquements (ATF 130 III 28 consid. 4.1 p. 32; 127 III 351 consid. 4a p. 354). Le Tribunal fédéral ne contrôle qu’avec réserve une décision d’équité prise en dernière instance cantonale. Il intervient lorsque la décision s’écarte sans raison des règles établies par la doctrine et la jurisprudence en matière de libre appréciation, ou lorsqu’elle s’appuie sur des faits qui, dans le cas particulier, ne devaient jouer aucun rôle, ou encore lorsqu’elle ignore des éléments qui auraient absolument dû être pris en considération; en outre, le Tribunal fédéral redresse les décisions rendues en vertu d’un pouvoir d’appréciation lorsqu’elles aboutissent à un résultat manifestement injuste ou à une iniquité choquante (ATF 138 III 252 consid. 2.1 p. 254; 136 III 278 consid. 2.2.1 p. 279; 135 III 121 consid. 2 p. 123).
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Autor: Nicolas Facincani
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